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WÜRZBURG
Mainfrankens Wirtschaft: Volldampf lässt nach
Viel zu tun gibt es nach wie in den Unternehmen Mainfrankens. Doch die wirtschaftliche Lage in der Region trübt sich ein. Unser Symbolbild entstand im Metallbauwerk von Konecranes Noell in Würzburg.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Viel zu tun gibt es nach wie in den Unternehmen Mainfrankens. Doch die wirtschaftliche Lage in der Region trübt sich ein. Unser Symbolbild entstand im Metallbauwerk von Konecranes Noell in Würzburg.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:59 Uhr

Volle Kraft voraus heißt es seit Jahren aus der Wirtschaft. Doch jetzt sind in Mainfranken erste Bremsgeräusche zu hören – ausgelöst von Faktoren, die man aus den Nachrichten kennt. Das geht aus einer Analyse hervor, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt am Dienstag präsentierte.

IHK-Analyse nennt Details

Überraschend kommen jene Bremsgeräusche nicht, war doch schon in den vergangenen Wochen deutschlandweit zu hören, dass sich die Konjunktur eintrübt. So sagte vor wenigen Tagen der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Holger Bingmann: „Es ist sicher zu früh, Alarm zu schlagen, doch die Anzeichen mehren sich, dass die Unternehmen sich auf ein schwächeres Exportwachstum einstellen müssen.”

Am Dienstag schlug nun die IHK in Würzburg in die gleiche Kerbe. „Es läuft noch gut“, sagte Konjunkturexperte Sascha Genders – mit Betonung auf dem Wort „noch“. Seine Kollegin Elena Fürst legte den „IHK-Klimaindikator“ für Herbst 2018 vor, worunter eine Umfrage unter 700 Unternehmen in Mainfranken – 229 haben geantwortet – zu verstehen ist. Kernaussage: Der Volldampf lässt nach.

Bessere Geschäfte: Das erwarten weniger Firmen

Zu erkennen ist das unter anderem daran, dass 14,5 Prozent der befragten Unternehmen davon ausgehen, dass ihre Geschäfte in nächster Zeit schlechter laufen werden. Bei der Frühjahrsumfrage waren es 9,8 Prozent gewesen. Von besseren Geschäften gehen weniger Unternehmen aus als noch vor einigen Monaten (siehe Grafik).

Lohnenswert ist auch ein Blick auf die Bereitschaft, zu investieren: 29,3 Prozent der Betriebe wollen es tun, vergleichbar viele wie im Frühjahr. Andererseits werden voraussichtlich 12 Prozent der Firmen (Frühjahr: 6,2) Investitionen runterschrauben. Unterm Strich nehme die Skepsis zu, sagte Fürst. „Das haben uns die Unternehmen deutlich mitgeteilt.“

Bei der arbeitgebernahen Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) in München sieht man das ähnlich. Zwar sei die wirtschaftliche Lage gut. Doch „der konjunkturelle Zenit ist überschritten“, wird vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Dienstag in einer Mitteilung zitiert.

Dieselfahrverbote spielen eine Rolle

Alle Experten sind sich einig: Genährt wird die Skepsis der Unternehmen von bekannten Themen wie Brexit, Trump-Politik samt Handelsstreit mit China oder den hohen Energiepreisen. Aber auch die gerade für Lieferanten prekären Dieselfahrverbote in deutschen Städten und die Unwägbarkeiten der Großen Koalition in Berlin spielten eine Rolle, so IHK-Expertin Fürst.

In zunehmendem Maße schmerzt die mainfränkischen Unternehmen ein ebenfalls bekanntes Thema: der Fachkräftemangel. Vor allem das Baugewerbe stöhnt immer lauter.

Bewerber, dringend gesucht

Der aktuellen IHK-Umfrage zufolge können im Durchschnitt aller Branchen 63 Prozent der Betriebe (vor einem Jahr: 50 Prozent) offene Stellen langfristig nicht besetzen. In der Baubranche der Region sind es gar 94 Prozent (2017: 76). Auch in der Industrie, im Handel und bei den Dienstleistern haben diese Werte im Jahresvergleich zum Teil deutlich zugenommen.

Hauptgrund: Die Unternehmer finden schlicht und einfach keine Bewerber für die offenen Stellen. 82 Prozent aller Befragten gaben das an. Am gravierendsten ist die Lage in der Industrie (90 Prozent) und bei den Dienstleistern (81). Auch die mangelnde Qualifikation von Bewerbern wurde als Ursache für den Fachkräftemangel genannt.

Welche Dimension der Mangel hat

Wie brisant er als Konjunkturbremse ist, hatte zuletzt der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard im Juni gegenüber dieser Redaktion skizziert: Der Mangel verursache in der Region einen volkswirtschaftlichen Schaden von 1,7 Milliarden Euro pro Jahr und sei kaum in den Griff zu bekommen.

Trotz all der Bremsgeräusche setze sich die seit acht Jahren andauernde Hochkonjunktur in Mainfranken fort, lautet das IHK-Fazit zu dem am Dienstag vorgelegten Klimaindikator. Ähnliches ist aus der Handwerkskammer für Unterfranken zu hören: 96,2 Prozent der befragten Betriebe bezeichnen ihre Geschäftslage im dritten Quartal als gut oder befriedigend – 1,5 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr, wie es in einer Mitteilung vom Dienstag heißt.

Handwerk: Keine Eintrübung in Sicht

Mit anderen Worten: Unter den 18 000 Handwerksunternehmen in der Region gibt es kaum eines, das mit seiner Lage nicht zufrieden ist. Mehr noch: 95 Prozent der befragten Betriebe erwarten, dass in den letzten Monaten dieses Jahres die Geschäfte weiterhin gut laufen. Zwar sei auch im Handwerk der Fachkräftemangel ein Hemmschuh, ließ Ludwig Paul mitteilen, der Hauptgeschäftsführer der Kammer. Aber „eine Eintrübung der Hochkonjunktur ist derzeit nicht in Sicht“.

 
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