Die Townhouses in der Hamburger Hafencity oder im Berliner Botschaftsviertel sind längst keine Ausnahme. Wird in Deutschland gebaut, entstehen immer mehr Luxuswohnungen. Auch ohne goldene Wasserhähne und Dachterrasse liegen die Quadratmeter-Mieten bei weit mehr als zwölf Euro. Das gehe am Markt vorbei, kritisiert die Wohnungsbranche. „Es wird viel zu wenig für die Gruppe gebaut, die wenig Einkommen hat“, sagt der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko.
Die Folge: Fürs bezahlbare Wohnen müssen viele Mieter Lebensqualität aufgeben. Mehr als 200 000 neue Wohnungen werden nach Einschätzung des GdW in diesem Jahr fertiggestellt – vor allem im Luxussegment. Der Wohnungsbau in Deutschland hatte mit 183 000 neuen Wohnungen im vergangenen Jahr wieder angezogen nach einem Tiefststand 2009. Der GdW vertritt rund 3000 Wohnungsunternehmen, die bundesweit sechs Millionen Wohnungen vermieten. Das ist rund ein Drittel des deutschen Mietwohnungsmarktes. Der GdW erwartet bei seinen Mitgliedern ein Plus der Neubauinvestitionen von 25 Prozent. Bereits 2011 hatten die Investitionen in Bestand und Neubau um 7,7 Prozent oder 69 Millionen Euro angezogen. Gebaut werde vor allem in Stuttgart, München, Köln/Bonn, Hamburg, Berlin oder dem Rhein-Main-Gebiet. Für Ostdeutschland dagegen diagnostizierte Gedaschko eine „Leerstands-Pandemie“. „Hier müssten jährlich 30 000 Wohnungen abgerissen werden“, sagte der Verbandspräsident. Bei den GdW-Mitgliedsunternehmen entstehen inzwischen rund 43 Prozent der Wohnungen im oberen Preissegment.
In Ballungszentren wie München könnten die Durchschnittsmieten sogar noch deutlich über zwölf Euro liegen, betont Sven Vogel vom Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. „Wenn Sie neu bauen, können Sie derzeit keinen Wohnraum unter sechs Euro anbieten“, sagt er. Zu hoch seien Auflagen, Grundstückspreise und andere Kosten.
„Reich baut für Reich“, fasst Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund das Luxuswohn-Problem zusammen. Was fehle, sei sozialer Wohnungsbau und preiswertes Wohnen für junge Familien. Da müssten die Immobilienunternehmen bei den Renditeerwartungen auch mal Abstriche machen, meint Ropertz. „Der Markt alleine wird nicht dafür sorgen, dass wir mit preiswerten Wohnungen überschwemmt werden.“
Gerade in Großstädten kommt ein weiteres Problem hinzu: Auf der Suche nach einem sicheren Hafen drängen Investoren aus Krisenstaaten auf den Markt und treiben häufig die Preise in die Höhe. Doch nicht nur beim Neubau scheint die Grenze des Machbaren bald erreicht. „Wir sanieren derzeit noch preiswerte Bestände systematisch vom Markt“, sagt Gedaschko. Die Wohnungsunternehmen sollten – politisch gewollt – immer mehr Geld in energetische Gebäudesanierung stecken.
Die Mieter müssten aus energetisch sanierten Wohnungen dann oft ausziehen und würden so für die Klimapolitik bestraft. In den vergangenen elf Jahren seien die Nettokaltmieten um 14 Prozent gestiegen. Dass Wohnen so deutlich teurer werde, liege aber am Anstieg der Verbraucherpreise für Gas und Heizöl um 109 Prozent. Rund 21 Prozent aller deutschen Haushalte erhielten für ihre Wohnung staatliche Unterstützung. Die Folge laut Vogel: Steigende Mieten, „denn das Geld schenkt ihnen ja keiner“. Sozialleistungsempfänger und Mieter mit geringerem Einkommen würden zunehmend verdrängt. Was kann helfen? Die Wohnungsbranche setzt auf steuerliche Anreize und die verbesserte steuerliche Abschreibung von energetischer Gebäudesanierung. Seit Monaten ringen Bund und Länder um den Steuerbonus – bisher ergebnislos. Für viele Mieter wird die Regelung zu spät kommen. Einige Berliner suchen bereits ihren eigenen Weg: Aus Protest gegen steigende Mieten in Kreuzberg sind sie in eine Bretterbude gezogen und campieren seit Wochen auf dem Bürgersteig.