Wer die Internetseite von Vintin aufruft, wird von einem Gesprächspartner überrascht: Unten rechts ploppt ein Chatfenster auf, Jakob Rinkewitz grüßt per Foto. Ein Chatbot, der dank Spracherkennung ohne menschliche Hilfe kommunizieren kann, ist aber nicht der einzige Einsatzort von Künstlicher Intelligenz (KI) im Unternehmen. Das Beispiel Vintin zeigt: Auch der soziale Bereich und Kommunen können davon profitieren.
Vintin ist ein Dienstleistungsunternehmen im IT-Bereich. Das Unternehmen ist seit drei Jahren im Bereich Künstlicher Intelligenz aktiv – für IT „eine lange Zeit“, so Pressesprecher Jakob Rinkewitz. Das Unternehmen stellt für seine Kunden KI-Infrastruktur in der Cloud bereit.
Vor 30 Jahren gegründet, hat das Unternehmen mit Sitz in Sennfeld (Lkr. Schweinfurt) inzwischen 170 Mitarbeiter und Außenstellen in Fulda und der Schweiz sowie mehrere Stützpunkte, beispielsweise in Düsseldorf. Neben der Bereitstellung von Infrastruktur, beispielsweise Office-Anwendungen und Cloud-Services, bietet das Unternehmen Beratung und Projektarbeit an. 3700 Projekte wurden nach Firmenangaben so schon erfolgreich abgeschlossen. Zu den 520 Kunden gehörten in der Vergangenheit das Klinikum Würzburg Mitte oder die Spedition Pabst in Gochsheim bei Schweinfurt.
Experte: „IT-Sicherheit ist ohne KI nicht mehr denkbar“
Jüngst hat Vintin das Unternehmen Inclusify unterstützt, das sich mit Hilfe von Chatbots für barrierefreie Sprache einsetzt. Auch für öffentliche Einrichtungen wie etwa Bürgerämter kann Künstliche Intelligenz hilfreich sein, indem Chatbots rund um die Uhr in mehreren Sprachen erreichbar sind. Das erleichtert überlastete Ämter und nimmt Bürgern die Schwierigkeit, die Öffnungszeiten abpassen zu müssen. Vintin führt derzeit mit mehreren Kommunen eine Machbarkeitsstudie der Anwendungen durch und überprüft die Umsetzbarkeit.
Auch andere Projekte im sozialen Bereich können von Künstlicher Intelligenz profitieren, denn „Themen wie KI, moderne, intelligente Arbeitsplätze spielen heute in der Sozialwirtschaft eine genauso große Rolle wie in der Industrie“, sagt Vintin-Geschäftsführer Christoph Waschkau.
Wie KI in der Kirche angekommen ist
So machen kirchliche oder soziale Träger einen Teil des Kundenkreises von Vintin aus. Dazu gehörten in der Vergangenheit beispielsweise die Stiftung Juliusspital in Würzburg und die Rheuma-Kinderklinik Garmisch-Partenkirchen. Beide Einrichtungen brauchten eine verbesserte Netz-Infrastruktur und eine höhere Bandbreite, um beispielsweise Patientendaten direkt am Krankenbett abrufen zu können. Im Juliusspital wurde so eine WLAN-Infrastruktur mit 180 Zugangspunkten eingerichtet.
Ist allein derlei Technik freilich noch keine KI, so ist sie andernorts durchaus in der christlichen Kirche angekommen. So setzt das Bistum Essen den Amazon-Sprachassistenten Alexa für die (automatisierte) Seelsorge ein, wie die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) im März berichtete. Und beim Evangelischen Kirchentag 2017 in der Lutherstadt Wittenberg machte der Segen spendende KI-Roboter "BlessU-2" Schlagzeilen. Ihn verstand die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau als Experiment, das zum Nachdenken über die moderne Technik anregen sollte.
Vintin-Chef über KI: Gehirn nicht ausschalten
Mit der Vintin-Academy veranstaltet das Unternehmen im Übrigen Workshops und Vorträge zu technischen Themen. Zu den Inhalten gehörten in der Vergangenheit beispielsweise Machine Learning und Künstliche Intelligenz, die im Rahmen eines Workshops auch an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt besprochen wurden. Mit solchen Veranstaltungen sucht Vintin den Wissensaustausch mit Studierenden und Professoren.
Welche Möglichkeiten bietet KI in der Zukunft? Viele, da ist sich Waschkau sicher. Beispielsweise bei Assistenten, die nicht nur beim Hören, sondern auch beim Sehen helfen. Im Gesundheitswesen könne Künstliche Intelligenz die Qualität von Diagnosen verbessern, indem sie mit deutlich größeren Datenmengen arbeitet als eine Einzelperson: „Da kann eine sauber und umfangreich aufgesetzte KI mehr leisten, als ein Arzt das kann“. Die Vorzüge Künstlicher Intelligenz liegen nach Ansicht von Waschkau bei einer höheren Qualität der Ergebnisse.
Diese Qualität hängt maßgeblich davon ab, welche Daten eingespeist wurden. Ist die Grundlage inkorrekt, anhand derer Datensätze weiterentwickelt werden, sind die Ergebnisse nicht verwertbar. KI kann zwar helfen, versteckte Zusammenhänge in Datensätzen zu erkennen. Manchmal stelle sie aber auch Verbindungen her, die „einfach schwachsinnig sind“. Sein Gehirn sollte man deshalb „nicht ausschalten“, so Waschkau.
(Mitarbeit: aug)
Unsere Serie zeigt, was sich in Sachen KI in Mainfranken tut. Die Serie läuft in Kooperation mit der Universität und der Hochschule für angewandte Wissenschaften, beide Würzburg. Hintergrund ist das vom Bundeswirtschaftsministerium ausgerufene "Wissenschaftsjahr 2019". Die Serie finden Sie auch hier: www.mainpost.de/ki