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WÜRZBURG
Kommentar zum Ladenschluss: Eine einheitliche Regelung muss her
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 03.12.2017 03:01 Uhr

Man kann die Uhr danach stellen: Immer rund um verkaufsoffene Sonntage und gerne in der Weihnachtszeit kommt hierzulande die Diskussion über die Öffnungszeiten von Geschäften auf. Die Argumente sind stets ähnlich: Während die einen auf Tage der Ruhe sowie auf den Schutz der Beschäftigten pochen, fordern die anderen mehr Bewegungsfreiheit für Handel und Kunden.

Recht haben beide Seiten. Aber jeweils nur zum Teil. Das Thema ist zu komplex für Lösungen a la Schwarz und Weiß. Sicher ist: So, wie der Ladenschluss in Deutschland festgelegt ist, macht es keinen Sinn mehr. Denn es ist nicht zu verstehen, dass jedes Bundesland eine eigene Regelung hat. Bayern zum Beispiel handhabt das Thema streng, Rheinland-Pfalz nicht mehr ganz so streng, während Baden-Württemberg oder Hessen völlig liberal sind.

Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Die Alternativen sind klar: Entweder ist der Korridor der Ladenöffnungszeiten in Deutschland einheitlich geregelt, oder wir machen es wie die Polen: Jedes Geschäft darf aufmachen, wann und wie lange es will. Was ja auch eine einheitliche Festlegung wäre.

Unser Einkaufsverhalten hat sich längst verändert

Für eine schrankenlose Öffnung an Werktagen spricht, dass wir alle doch sowieso schon zu allen möglichen Zeiten einkaufen: im Internet. Zahlen des Branchenverbandes Bitkom zufolge legen sich in Deutschland drei Viertel der Bevölkerung (ab einem Alter von 14 Jahren) in Online-Shops Waren oder Dienstleistungen zu. Nahezu die Hälfte tut dies mindestens zehn Mal im Jahr. Wenn man außerdem bedenkt, dass wir mittlerweile schon frische Lebensmittel und ganze Mahlzeiten via Internet bestellen können, wird klar: Unser aller Einkaufsverhalten dreht irgendwelchen Ladenöffnungszeiten längst eine lange Nase. Der Einzelhandel weiß das.

Und ist eifrig dabei, Wege aus dem Dilemma zu finden. Dazu zählt, dass es sich heute kaum ein Einzelhändler noch leisten kann, keinen Online-Shop zu haben. Dass er sich damit grundsätzlich schadet, ist nicht zu erkennen, im Gegenteil. Zudem entstehen originelle Angebote wie etwa der Wurstomat in Schweinfurt: Ein Metzger bietet frische Waren in einem öffentlich zugänglichen Kühlschrank an, der nach Feierabend sowie an Sonn- und Feiertagen bestückt ist. An Ideen fehlt es im Handel also nicht. Ob sie eine Wunderwaffe gegen all die Discounter und Amazons dieser Welt sein können, ist allerdings fraglich. Aber es sind immerhin Ansätze.

Ein Tag der Ruhe muss sein

Bleibt die Frage, was die Unternehmer mit den Öffnungszeiten ihrer Ladengeschäfte machen sollen. Es ist nachvollziehbar, wenn der Handelsverband behauptet: Die Ladenöffnungszeiten per Gesetz auszudehnen, ist nichts für kleine Unternehmen. Denn die könnten das Plus an Zeit kaum wirtschaftlich mit Personal abdecken. Und mal ehrlich: Bis 22 Uhr in beschaulichen Altstädten wie Hammelburg, Ochsenfurt oder Mellrichstadt einkaufen – die Kundenfrequenz wird sich arg in Grenzen halten. Insofern ist die jüngste Forderung des Münchner Vereins für maßvolle Öffnungszeiten nach einer Lockerung von 20 auf 22 Uhr nicht überall sinnvoll.

Die Einzelhändler müssen vielmehr die Chance haben, sehr flexibel reagieren zu können. Ein Laden in der Münchner Innenstadt tickt nun mal anders als einer in Hammelburg. Also muss es auch angepasste Öffnungszeiten geben dürfen. Das würde den Weg für kommunale Eigenlösungen frei machen – zur Belebung der kleinen Innenstädte wäre das nicht verkehrt.

Aber Finger weg vom Sonntag: Wenn sich immer mehr Menschen von der Hektik des Alltags getrieben fühlen, muss auch mal Nichtstun einkehren. Das gilt gleichermaßen für Kunden wie Beschäftigte im Handel. Es gilt der bekannte Spruch: Wenn Geschäfte an einem Tag in der Woche geschlossen sind, ist noch niemand verhungert.

 
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