Das Klima ändert sich – auch in Unterfranken. Der Sommer 2018 war der trockenste und in Teilen Frankens auch der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Was Badelustige und Sonnenanbeter freute, bereitete den Bauern ernsthafte Probleme. Es gab weniger Hülsenfrüchte, Kohlgemüsearten, Zwiebeln, Möhren und Kartoffeln.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Trockenheit bei fast allen Gemüsearten rückläufige Erntemengen zu verzeichnen. "Wir müssen künftig häufiger, wenn nicht gar in regelmäßigen Abständen, mit Dürre in Deutschland rechnen“, sagt Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdiensts (DWD).
"Schon jetzt ist eine Produktion von Qualitätsgemüse ohne Bewässerung im Freiland nicht mehr möglich", behauptet Gerd Sander, Institutsleiter Erwerbs- und Freizeitgartenbau bei der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim. Geforscht wird daher nach einer bedarfsgerechten Bewässerung mit geringem Wasserverbrauch.
Sommergemüse wie Zucchini, Auberginen oder Tomaten wird zu 80 Prozent in Gewächshäusern unter kontrollierten Wachstumsbedingungen produziert. Hier hat die Witterung wenig Einfluss, denn in Gewächshäusern ist der effiziente Wassereinsatz bereits verbreitet.
Deep-Water-Culture für Blattgemüse
Eine neue Methode sei die Deep-Water-Culture (DWC), die für Kräuter und Blattgemüse gut geeignet ist, erklärt Sander. Dabei schwimmen die Pflanzen auf Styroporplatten auf dem Wasser. Pflanzenanbau ohne Erde sozusagen. "Diese Kulturtechnik ist absolut Wasser sparend", so Sander. In Israel oder in Belgien wird so bereits im großen Stil Gemüse produziert. Aber auch der klassische Unterglas-Gemüsebau sei ziemlich wassersparend. Dabei werde das Regenwasser, das auf die Gewächshausflächen fällt, aufgefangen, gespeichert und als Gießwasser verwendet.
Selbst bei Spargel, der zu den Kulturen gehört, die sehr viel Trockenheit vertragen, wird wohl in Zukunft eine Bewässerung nötig sein. "Langfristig verträgt der Spargel ohne Wasser keine Hitzejahre wie 2018", sagt Christine Müller, Fachberaterin für Spargel am Amt für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen. Verheerend für die Pflanzen sei der anschließende trockene Herbst gewesen. "Um verkaufbare Qualitäten zu produzieren, ist eine Zusatzbewässerung bei den vorhergesagten Wetterprognosen mit weiter zunehmenden Wetterextremen einzuplanen", sagt Müller.
Die Bauern müssten das steigende Anbaurisiko auch über Mehrfachversicherungen abdecken, erklärt Michaela Schaumberger, Obst- und Gemüsebaureferentin beim Bayerischen Bauernverband in München. "Nicht nur Hagel, sondern auch Versicherungen für die vielen anderen Wetterextreme müssen abgeschlossen werden." In einem Jahr gebe es im Frühjahr einen Kälteeinbruch, im nächsten einen Starkregen, der alles überschwemmt und im übernächsten Dürre. "Durch den Klimawandel müssen wir mit jeglichem Wetter rechnen und darauf vorbereitet sein."
Bewässerung noch effizienter gestalten
Doch der Klimawandel habe auch positive Seiten: So gedeihen im mediteran gewordenen Franken mittlerweile Kiwibeeren, Feigen, Indianerbanane, japanische Pflaume, Mandel, Haskap-Beeren und Felsenbirnen. "Es ist noch keine Massenproduktion. Aber es gibt schon den ein oder anderen Endverkaufsbetrieb, der diese Kulturen bereits im Sortiment hat", sagt Sander von der LWG. Besonders beliebt seien Feigen. "Ab Herbst testen wir Zwetschgen, Kirschen und Äpfel mit einer speziellen tieferen Verwurzelung, damit die Bäume besser an die Wasserreserven aus dem Boden kommen", so Sander.
Beim Obstbau ist mit der Tröpfchenbewässerung eine effektive Bewässerungsmethode bereits installiert. "Zukünftig soll die Bewässerungssteuerung bei den Obstkulturen testweise über Bodensensoren erfolgen, um eine noch höhere Effizienz zu bekommen", sagt der Institutsleiter Gartenbau der LWG. Dann wird nur bewässert, wenn der Boden so trocken ist, so dass es notwendig ist. In Veitshöchheim wird gerade alles auf neue Bewässerungsysteme umgerüstet. Die breite Öffentlichkeit kann diese voraussichtlich ab 2020 vor Ort besichtigen, weil das Gelände derzeit umgebaut wird.
Viele Landwirte fragen gerade für den Bau von Wasserspeichern am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen an, sagt Nikolai Kendzia, Abteilungsleiter Gartenbau. Damit könne man nicht nur Regenwasser speichern, sondern auch Oberflächenwasser wie Mainwasser im Winter entnehmen und für den Sommer aufbewahren. Die Förderrichtlinie wird derzeit vom Landwirtschaftsministerium überarbeitet. "Gemüseanbau gelingt in Unterfranken nur mit Bewässerung, sonst wird der Gemüseanbau in seiner Vielfalt hier aussterben", sagt Kendzia.