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BERLIN
Kämpfer gegen Arbeitslosigkeit
Hartz bietet Rücktritt aus Konzernvorstand an       -  Im August 2004 demonstrierten in Leipzig Tausende Menschen gegen die geplanten Einschnitte im Sozialsystem.Peter Endig, dpa
Foto: Foto: | Im August 2004 demonstrierten in Leipzig Tausende Menschen gegen die geplanten Einschnitte im Sozialsystem.Peter Endig, dpa
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 12.09.2016 03:45 Uhr

Die Zeiten, in denen Bedürftige entweder Arbeitslosenhilfe vom Arbeitsamt oder Sozialhilfe von ihrer jeweiligen Kommune erhielten, sind längst Geschichte. Seit elf Jahren gibt es nur noch eine Leistung – das Arbeitslosengeld II zur „Grundsicherung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte“, wie es offiziell heißt. Doch davon redet niemand. Alle kennen es unter dem Namen „Hartz IV“. Mehr noch, das Wort hat sich längst im deutschen Wortschatz etabliert – selbst der „Duden“ kennt „Hartz“ („Substantiv, Neutrum – ein Arbeitsmarktprogramm“) und „hartzen“ („schwaches Verb – von Hartz IV leben“). 2004 schaffte es „Hartz IV“ gar zum „Wort des Jahres“, 2009 kürte eine Jury „hartzen“ als Synonym für „rumhängen oder arbeitslos sein“ zum „Jugendwort des Jahres“.

Und auch nach elf Jahren ist die Leistung noch immer so umstritten wie bei ihrer Einführung – die SPD hadert weiterhin mit den Arbeitsmarktreformen ihres letzten Bundeskanzlers Gerhard Schröder, die den Aufstieg der Linkspartei beförderten, für die Linkspartei ist „Hartz IV“ unverändert „Armut per Gesetz“, die abgeschafft werden muss.

Peter Hartz, einst gefeierter Personalvorstand bei der VW AG, der wegen der VW-Affäre 2005 zurücktrat und 2007 wegen Untreue sowie Begünstigung von Betriebsräten zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt wurde, hat sich damit abgefunden, dass sein Name mit den umfassenden Arbeitsmarktreformen der damaligen rot-grünen Bundesregierung in Verbindung bleibt, auch wenn er über diese ungewollte Ehre hadert. „Hartz IV, dieses den Menschen so verhasste Gesetz, ist unverrückbar mit meinem Namen verbunden“, klagte er einmal.

Am heutigen Dienstag feiert der einstige Top-Manager seinen 75. Geburtstag mit seiner Familie zu Hause im Saarland. Auch im Ruhestand ist er aktiv, so hat er eine Stiftung gegründet, die sich im Saarland darum kümmert, dass Arbeitslose wieder einen Job finden. Unverändert ist er davon überzeugt, dass das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit mit den richtigen Instrumenten gelöst werden könnte. Der im saarländischen St. Ingbert geborene Peter Hartz stammte aus einfachen Verhältnissen, der Vater war Drahtzieher und Hüttenarbeiter, die Kinder mussten in der Landwirtschaft mithelfen. Nach der mittleren Reife und einer Ausbildung zum Industriekaufmann holte er das Abitur nach und studierte Betriebswirtschaft. In der freien Wirtschaft machte der Manager rasch Karriere. Als Personalchef der Dillinger Hütte machte er sich für einen sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen in der vom Strukturwandel betroffenen Stahlindustrie stark. 1993 holte ihn VW-Chef Ferdinand Piëch als Personalchef nach Wolfsburg, der Autobauer steckte ebenfalls in der Krise, die Arbeitskosten waren zu hoch und mussten gesenkt werden.

Mit unkonventionellen Lösungen schrieb Hartz Geschichte, er führte die Vier-Tage-Woche mit entsprechender Lohnkürzung ein, so dass kein Beschäftigter entlassen werden musste, und erfand später für Langzeitarbeitslose das Tarifmodell „5000 für 5000“ – 5000 neue Jobs für 5000 DM brutto, was unter dem Niveau des geltenden Haustarifvertrags lag. Stets arbeitete Hartz, Mitglied der SPD und der IG Metall, mit den Gewerkschaften und Betriebsräten zusammen. Wegen dieser Erfolge rief ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 2002 an die Spitze einer Kommission, die Konzepte für eine grundlegende Arbeitsmarktreform erarbeiten sollte. Das Ergebnis waren vier Gesetze „für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, unter anderem wurde die Bundesanstalt für Arbeit reformiert und zur Bundesagentur umgebaut, es kam zur Einrichtung der Job-Center und zu neuen geringfügigen Beschäftigungsarten (Minijob, Midijob, Ich-AG) sowie, im vierten Gesetz, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II – eben Hartz IV. Gleichwohl warf er der Politik immer wieder vor, die Vorschläge der von ihm geleiteten Kommission nicht eins zu eins umgesetzt, sondern an etlichen Stellen verwässert zu haben.

„Nicht überall, wo Hartz draufsteht, ist auch Hartz drin.“

„txt txt xtt“
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Peter Hartz -  Hartz IV       -  Peter Hartz 2002 mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder.
Foto: dpa | Peter Hartz 2002 mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder.
Peter Hartz       -  Peter Hartz, ehemaliger VW-Personalvorstand, wird an diesem Dienstag 75 Jahre alt.
Foto: Becker & Bredel/Dpa | Peter Hartz, ehemaliger VW-Personalvorstand, wird an diesem Dienstag 75 Jahre alt.
 
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