Investoren hoffen nach dem überraschenden Chefwechsel bei der Deutschen Bank auf ein Ende der Skandale bei Deutschlands größtem Geldhaus. Der Brite John Cryan müsse sich „das Thema Kulturwandel mal richtig vornehmen“, forderte Anlegerschützer Klaus Nieding am Montag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Auch in der Bundespolitik und in der internationalen Presse wurde die Toppersonalie als Chance für einen Neuanfang gewertet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zum Abschluss des G7-Gipfels in Elmau, der angekündigte Chefwechsel habe sie nicht überrascht: „Ich hatte keinen Überraschungseffekt.“ Sie wolle, dass die Deutsche Bank erfolgreich arbeiten könne, sagte die Kanzlerin.
In einem sonst schwachen Umfeld setzte sich die Aktie des Frankfurter Instituts mit einem kräftigen Plus von zeitweise rund acht Prozent mit Abstand an die Dax-Spitze. Am Montagnachmittag waren es immerhin noch fast fünf Prozent Plus.
Der ehemalige UBS-Finanzvorstand Cryan, der seit 2013 Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank ist, soll bereits zum 1. Juli Anshu Jain in der Doppelspitze des Konzerns ersetzen. Jürgen Fitschen bleibt noch bis zum Abschluss der Hauptversammlung am 19. Mai 2016 Co-Chef, danach soll Cryan alleiniger Vorstandsvorsitzender werden.
„Es reicht eben nicht aus, wenn von allerhöchster Stelle gesagt wird, wir wollen einen Kulturwandel, dann aber in den einzelnen Stabsabteilungen im Bereich des Investmentbankings dieser Kulturwandel gar nicht ankommt“, sagte Nieding, der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist.
Zwar lief das Tagesgeschäft bei der Deutschen Bank zuletzt wieder besser, doch Milliardenkosten für Rechtsstreitigkeiten fressen die Fortschritte auf. Jüngster Rückschlag: Ende April musste die Bank eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar (rund 2,3 Milliarden Euro) für ihre Beteiligung an Manipulationen des Referenzzinses Libor schlucken.
Dass Jain und Fitschen ihre jeweils bis Ende März 2017 laufenden Verträge nicht erfüllen, wirft die Frage nach einer möglichen Abfindung auf. Die Bank wollte sich zu Details der Aufhebungsverträge nicht äußern. Es wurde jedoch betont, dass die beiden Manager ihre Ämter auf eigenen Wunsch vorzeitig niederlegen. Daher gilt es als unwahrscheinlich, dass dieser Schritt auch noch üppig belohnt wird. Für das Geschäftsjahr 2014 kassierten Jain und Fitschen jeweils rund 6,7 Millionen Euro – allerdings inklusive langfristiger und vom Geschäftserfolg abhängiger Gehaltsbestandteile. Ihr Grundgehalt belief sich auf jeweils 3,8 Millionen Euro.