Es war wie ein Schock für Anleger, die auf Aktien mit hoher Dividende setzen: Mit E.ON stellte vor kurzem ausgerechnet einer der Konzerne mit einer gewohnt hohen Ausschüttung diese wegen der Krise auf den Prüfstand. Und auch bei der Deutschen Telekom – einem anderen Dividenden-Flaggschiff – wird seit geraumer Zeit über eine sinkende Ausschüttung spekuliert. Analysten sehen allerdings noch keinen Trend, sondern rechnen bei den meisten großen deutschen Unternehmen mit einer stabilen oder weiter steigenden Gewinnbeteiligung der Anteilseigner.
Aktien mit einer hohen Dividende bleiben daher nach Einschätzung vieler Experten gerade in Zeiten anhaltend niedriger Zinsen eine interessante Alternative zu Staatsanleihen – auch wenn das Risiko höher ist als bei Rentenpapieren. Denn eine hohe Gewinnbeteiligung der Aktionäre ist zumindest ein Risikopuffer bei der Anlage in Aktien. Eine Langzeitstudie von Allianz Global Investor (AGI) über die Entwicklung von US-Aktien von 1950 bis 2010 zeigt, dass Anleger mit einer gezielten Auswahl von dividendenstarken Titeln gerade bei Inflationsraten bis zu sechs Prozent besser fahren als mit einer Investition in Aktien ohne diesen Schwerpunkt.
In Deutschland entwickelte sich der DivDAX, der die 15 DAX-Werte mit der höchsten Dividendenrendite umfasst, in den vergangenen zehn Jahren deutlich besser als der deutsche Leitindex mit seinen 30 Standardwerten. Fondsmanager Berndt Maisch von LBBW Asset Management geht zudem davon aus, dass die meisten DAX-Unternehmen trotz der sich eintrübenden Aussichten ihre Dividenden stabil halten oder sogar moderat erhöhen könnten. Nach 3,7 Prozent im laufenden Jahr erwartet er 2013 eine durchschnittliche Dividendenrendite von 3,8 Prozent. Da sich diese Rendite auf den aktuellen Preis für die Aktie bezieht, ist dabei die Veränderung der Kurse nicht berücksichtigt.
Doch trotz der zuletzt schon deutlich gestiegenen Preise für Aktien sehen Analysten weiteres Potenzial. Besonders deutsche Großkonzerne hätten dabei gute Perspektiven. „Der DAX profitiert weiterhin von seinem hohen Gewicht an Globalisierungsgewinnern“, sagt Commerzbank-Aktienmarktstratege Andreas Hürkamp und hat dabei etwa die Auto- und Chemieindustrie im Blick. Die Aktien dieser Branchen litten wegen ihrer internationalen Ausrichtung nicht so stark unter dem wirtschaftlich schwachen Euroraum und hätten nach wie vor gute Wachstumschancen.
LBBW-Experte Maisch achtet zudem darauf, dass die Unternehmen auf eine nachhaltige hohe Ausschüttung setzen und diese auch zahlen können. „Die Perspektive der Unternehmen muss für die kommenden Jahre intakt sein. Eine Dividendenrendite von vier Prozent und ein Dividendenwachstum von zehn Prozent sind uns lieber als eine einmalig hohe Ausschüttung“, so Maisch. Er verweist dabei auf den Logistikkonzern Deutsche Post. Aber auch die Perspektiven für Aktien der großen deutschen Versicherer seien gut und die Dividenden verlässlich.
Ein Beispiel dafür ist die Munich Re. Trotz teils heftig schwankender Gewinne und sogar einem Verlustjahr hat der weltgrößte Rückversicherer seine Dividende seit 2000 peu a peu von 1,25 Euro auf 6,25 Euro erhöht – und dabei nie gesenkt. Nun wollen die Münchener genauso wie der Konkurrent Hannover Rück die Ausschüttung auf ein neues Rekordniveau heben. Aber auch bei Versicherern muss die Lage in puncto Ausschüttung nicht immer so rosig sein – E.ON und Telekom mögen Warnung genug sein. Verbraucherschützer empfehlen daher, das Risiko auch bei einer Dividendenstrategie zu streuen - zum Beispiel über Indexfonds, die den DivDAX nachbilden.