Griechenlands Banken öffnen frühestens wieder an diesem Donnerstag. Aber wahrscheinlich muss die jetzt bis zum heutigen Mittwochabend verlängerte Verordnung über die Schließung der Geldinstitute und die Kapitalkontrollen erneut ausgedehnt werden, wenn es bei den Verhandlungen der griechischen Regierung mit den Geldgebern in Brüssel keinen Durchbruch gibt.
Während sich Premier Alexis Tsipras und seine Delegation am Dienstagmorgen auf den Weg nach Brüssel machten, wo die Finanzminister sowie die Staats- und Regierungschefs der Eurozone zusammenkamen, bot sich vor den griechischen Banken das seit zehn Tagen gewohnte Bild: Vor den Geldautomaten der geschlossenen Filialen bildeten sich lange Schlangen.
Tagesration beträgt 60 Euro
Die Menschen wollten ihre „Tagesration“ abheben, jene 60 Euro, die sie pro Tag höchstens ausgezahlt bekommen. Vielerorts kommt allerdings nur noch jeweils eine Fünfzigeuronote aus den Automaten, weil die Zwanziger ausgegangen und die Geldautomaten nicht auf Zehneuroscheine eingerichtet sind. Einige griechische Unternehmen sind bereits dazu übergegangen, ihre Gehälter ganz oder teilweise in bar auszuzahlen. Großer Andrang herrschte auch vor den wenigen Bankfilialen, die geöffnet hatten, um Pensionären ihre Rente auszuzahlen – allerdings nur in einer ersten Rate von 120 Euro.
Vor allem den älteren Menschen fällt das mitunter stundenlange Warten vor den Banken schwer. In Iraklion auf Kreta hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die in Zusammenarbeit mit einer Lebensmittelfirma die Wartenden mit gekühltem Wasser und kleinen Snacks versorgt. Auf Inseln wie Kreta, wo viele ausländische Touristen ankommen, hat sich der Bargeldengpass inzwischen etwas entspannt, denn die meisten Urlauber bringen Banknoten mit. „Die Charterflugzeuge sind nicht nur voller Touristen, sondern auch voll mit Euros“, sagte ein Händler auf der Insel Rhodos. Über den Handel und die Hotels fließt das Bargeld zurück zu den Banken. Sie nehmen jetzt trotz der Schließung der Filialen wieder Einzahlungen von Firmenkunden wie Supermärkten und Hoteliers an. Mit diesen Geldern können dann die Automaten nachgefüllt werden.
Allerdings haben nicht alle Urlauber Euros dabei. In Nordgriechenland kommt ein Großteil der Besucher aus Bulgarien. Auf den Ägäisinseln gibt es zahlreiche Reisende aus der benachbarten Türkei. Viele Hoteliers, Tavernen-Wirte und Andenkenhändler akzeptieren deshalb nun sogar Barzahlung in bulgarischen Lew und türkischer Lira. Dollars und britische Pfund werden sowieso gern genommen.
Nach Aussage des griechischen Wirtschaftsministers Giorgos Stathakis reicht das Bargeld für die Bankautomaten noch bis zum Freitag. Spätestens dann muss die Europäische Zentralbank (EZB) neue Notkredite bewilligen, sonst geht den Banken das Geld aus. Doch die EZB zieht die Schrauben an.
Bankensystem vor dem Kollaps
Sie erhöhte jetzt die Abschläge bei der Bewertung jener Sicherheiten, die die griechischen Geldinstitute für die Notfallkredite hinterlegen müssen. Die Banken müssen deshalb nun entweder die Notkredite teilweise zurückzahlen, was sie nicht können, oder weitere Sicherheiten nachreichen. Damit haben die Institute aber für erhoffte weitere Liquiditätsspritzen der EZB immer wieder Papiere, die sie verpfänden können. Umso dringlicher wird nun eine schnelle Verhandlungslösung in Brüssel. Sonst bricht das griechische Bankensystem in wenigen Tagen zusammen.