Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) straft Frankreich erneut für das langsame Reformtempo ab. Die US-Wirtschaftsprüfer senkten die Note für die Kreditwürdigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft im Euroraum am Freitag von „AA+“ auf „AA“. Die Topbonität „AAA“, die Deutschland weiter auszeichnet, hatte das Nachbarland bereits im Januar 2012 verloren.
In ihrem Kommentar zur neuerlichen Herabstufung erklärte Standard & Poor's, dass die Regierung unter Präsident François Hollande vermutlich nicht genügend tue, um die mauen Wachstumsaussichten für die Wirtschaft durchgreifend zu verbessern. Zudem drohe die Arbeitslosenquote bis 2016 über der Marke von zehn Prozent zu bleiben, was weitere Reformen politisch schwieriger mache. Die französische Regierung kritisierte die S&P-Entscheidung. Er bedauere die „kritischen und ungenauen Bewertungen“ der Agentur, erklärte Wirtschaftsminister Pierre Moscovici. Premierminister Jean-Marc Ayrault sagte, S&P habe bei der Analyse nicht alle Reformen berücksichtigt. Als Beispiel nannte er das derzeit im Parlament debattierte Rentengesetz. Staatspräsident Hollande erklärte am Freitag nach einem bereits länger geplanten Treffen mit Weltbank-Chef Jim Yong Kim, er werde seinen Kurs beibehalten.
Am Anleihemarkt machte sich die Bonitätsabstufung allerdings dennoch bemerkbar. Französische Staatstitel gerieten nach der Entscheidung von S&P unter Druck. Zu Handelsbeginn erhöhten sich die Risikoaufschläge spürbar, im Handelsverlauf fielen sie aber wieder zurück. Zehnjährige Staatsanleihen rentierten am Freitagvormittag mit 2,38 Prozent. Das waren drei Basispunkte oder 0,03 Prozentpunkte mehr als am Donnerstag. Am Vortag hatten die Renditen für Staatsanleihen europaweit massiv nachgegeben, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) zur Überraschung vieler Beobachter ihren Leitzins auf ein Rekordtief senkte. Am französischen Markt wurde diese Bewegung am Freitag bei Weitem nicht wettgemacht. Aus dem Handel war zu hören, dass die Bonitätsabstufung zwar Sorgen hervorrufe. Verglichen mit vorherigen Abstufungen sei die Wirkung aber begrenzt. Seit der Zusage der EZB vom Sommer 2012, notfalls unbegrenzt an den Anleihemärkten zu intervenieren, haben die Marktreaktionen auf Ratingentscheidungen deutlich abgenommen.