Von der zweiten Liga direkt in die Champions League: So beschreibt Firmengründer Christopher Kassulke, was nun aus seiner HandyGames GmbH in Giebelstadt bei Würzburg wird. Denn: Der schwedische Branchenriese THQ Nordic AB hat HandyGames gekauft. Kassulke bestätigte am Dienstag entsprechende Meldungen in Fachmedien.
Verkauf war lange eingefädelt
Der Schritt kommt überraschend, war HandyGames doch bislang nicht als Übernahmekandidat bekannt. Dass die Giebelstadter unter die Decke von THQ schlüpfen, hat nach den Worten von Kassulke keine negativen Vorzeichen: „Uns geht es nicht schlecht.“ Vielmehr hätten sich beide Seiten schon vor langer Zeit kennengelernt, was schließlich in Verhandlungen bis hin zur Vertragsunterzeichnung am Montag gemündet sei.
Kassulke sieht die Übernahme seines Unternehmens rundum positiv: In Zusammenarbeit mit THQ „können wir jetzt deutlich mehr machen“. Schon auf der weltweit größten Computerspielmesse Gamescom in Köln (Start: 22. August) werde am Stand von HandyGames zu sehen sein, „dass wir einige Spiele mehr haben werden“ – für alle Endgeräte.
Was in Giebelstadt jetzt geschieht
Kassulke zufolge werden die 60 Arbeitsplätze bei HandyGames im Zuge der Übernahme durch THQ erhalten. Mehr noch: Man suche Mitarbeiter. „Wir werden einstellen.“ Auch ein Ja zum Standort gab Kassulke am Dienstag ab: „Wir bleiben langfristig in Giebelstadt.“ In der Chefetage ändere sich nichts: Der 39-Jährige führt zusammen mit seinem Bruder Markus Kassulke und Udo Bausewein weiterhin die Geschäfte des Unternehmens, das heuer 18 Jahre alt geworden ist.
18 Jahre – und jetzt flügge
Welch Symbolik: Kaum ist HandyGames volljährig, verlässt es sprichwörtlich das Kassulke-Nest in Richtung THQ. „Ja, so fühlt sich das an“, beschreibt Christopher Kassulke. Die Schweden seien in der Gamesbranche „ein Riese“, weil Nummer zwei in Europa. Über den neuen Schulterschluss seien bei HandyGames „alle Angestellten sehr glücklich“. Das habe sich am Dienstagvormittag gezeigt, als die Belegschaft in Giebelstadt über die Übernahme durch THQ informiert wurde, so Kassulke.
Über den Kaufpreis gibt es keine verlässlichen Angaben. Fachmedien meldeten die Summe von einer Million Euro, was Kassulke am Dienstagnachmittag aber nicht bestätigen wollte. Sicher ist indes, dass THQ alle Markenrechte von HandyGames übernimmt.
Wie THQ drauf ist
Künftig soll HandyGames nach Darstellung des Fachportals „Games Wirtschaft“ als Publisher für kleine und mittelgroße Entwickler sowie für Projekte innerhalb des Konzerns agieren, unter Federführung der THQ Nordic GmbH in Wien. Der Konzern ist – so berichten Branchenkreise – bekannt für die Übernahme alter, mitunter lange Zeit nicht mehr erhältlicher Computerspielmarken, die in einigen Fällen zudem neu aufbereitet wurden. Daneben produziert und vertreibt das Unternehmen Neuentwicklungen zu fremden und eigenen Marken.
Was der Branchenverband meint
„Die Übernahme von HandyGames durch THQ Nordic steht für eine Herausforderung, vor der viele Spiele-Entwickler in Deutschland stehen: Im Gegensatz zu Studios in Frankreich, Großbritannien oder Kanada erhalten Games-Unternehmen in Deutschland keine umfangreiche Förderung auf Bundesebene“, teilte Geschäftsführer Felix Falk vom Branchenverband game in Berlin auf Anfrage mit.
Die fehlende Förderung führe dazu, dass im Vergleich die Produktion eines Spiels in Deutschland um bis zu 30 Prozent teurer sei. Dieser Wettbewerbsnachteil könne oft nur durch Investorengelder ausgeglichen werden.
HandyGames ist in jüngster Vergangenheit immer wieder positiv in den Schlagzeilen gewesen. So hatte der Computerspiele-Anbieter im April einen renommierten Branchenpreis und eine Förderung vom Freistaat Bayern bekommen. Insgesamt flossen dabei 340 000 Euro in die Giebelstadter Kassen.