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BERLIN
Guter Ruf als Kapital
Obertester der Nation: Wer sich über 50 Jahre einen guten Ruf erarbeitet, hat auch viel zu verlieren.
Foto: Lukas Schulze, dpa | Obertester der Nation: Wer sich über 50 Jahre einen guten Ruf erarbeitet, hat auch viel zu verlieren.
reda
 |  aktualisiert: 04.12.2014 17:42 Uhr

Die Stiftung Warentest will ihre Bewertungen künftig deutlich stärker über das Internet verbreiten. „Das wichtigste Projekt für uns ist der Ausbau des Internetangebotes“, sagte der Chef der Warentester, Hubertus Primus, am Donnerstag laut Pressemitteilung zum 50. Gründungstag der Stiftung.

Das Angebot über interaktive Produktdatenbanken werde ständig erweitert. „Den Verbraucher mit aktuellen, individuellen Testergebnissen täglich zu begleiten – das ist die Strategie der Zukunft.“ Primus sagte, die Qualität der getesteten Produkte habe sich über die Jahrzehnte „deutlich verbessert“. Dazu hätten auch die Tests beigetragen, weil die Hersteller bei der Entwicklung die Testkriterien berücksichtigten. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ betonte Primus mit Blick auf die Produktqualität aber auch: „Das heißt aber nicht, dass sie in allen Bereichen in Ordnung ist.“ Prüfer fänden zum Beispiel noch immer Schadstoffe in Spielzeug.

Im Rückblick räumte er einige Fehler in den Bewertungen ein. 1998 wurden Rollstühle nicht gründlich genug getestet. 2002 musste Stiftung Warentest einen Rechenfehler bei der Untersuchung von Riester-Rentenprodukten korrigieren. Kürzlich sei die negative Bewertung einer Schokolade nicht zutreffend gewesen. In den frühen Jahren von Warentest standen laut Primus Sicherheit und Funktion eines Produkts im Vordergrund. Dann sei die Handhabung immer wichtiger geworden. Seit den 1980er Jahren rückte auch der Umweltschutz in den Blickpunkt, inzwischen geht es auch um Schadstoffuntersuchungen.

Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Primus, für Kunden sei die Welt komplexer geworden. „Der Verbraucher muss heute wesentlich mehr Entscheidungen selber treffen als noch vor 50 Jahren, als es zum Beispiel nur einen Telefonanbieter gab, den lokalen Stromversorger und als die Altersvorsorge durch die Rente und die Kapitallebensversicherung abgedeckt war.“ Selbstironisch erläuterte Primus auch die „größte Fehleinschätzung der Stiftung“. Im Oktober 1984 lautete demnach eine Überschrift: „Man braucht es nicht und trotzdem wird es wie verrückt verkauft. Was ist das? Ein Heimcomputer.“

Das damalige Fazit habe gelautet: „Wer auf die elektronische Aufrüstung seines Heimes verzichtet, büßt keine Lebensqualität ein.“ Nun fügte Primus hinzu: „Aber vielleicht war das auch prophetisch.“

Die Stiftung Warentest wurde am Donnerstag 50 Jahre alt. Seit ihrer Gründung am 4. Dezember 1964 hat sie in 5500 Tests etwa 100 000 Produkte geprüft. Dazu kommen rund 2500 Tests von Dienstleistungen.

Die skurrilsten Tests

Waschmaschinen, Matratzen und Fernsehgeräte gehören zum Standardprogramm der Stiftung Warentest. Die Experten prüften in den vergangenen 50 Jahren aber auch ungewöhnliche Produkte und Dienstleistungen:

Selbstverteidigungswaffen: Nur ein getesteter Reizgasrevolver erhielt 1974 die Note „Gut“. Die große Gaswolke einiger Pistolen brachte das Opfer selbst in Gefahr.

Popkonzerte: Umbaupausen, Service und Akustik gehörten 1980 zu den Kriterien dieses Tests. Fazit: Manche Popkonzerte sind kein Genuss.

Ehevermittlung: Auch professionelle Vermittler taugen nichts, stellten Mitarbeiter der Stiftung 1984 im Eigenversuch fest.

Astrologen: Testpersonen ließen sich 1987 individuelle Geburtshoroskope erstellen. Sie kamen den Psychotricks der Branche auf die Schliche.

Schönheitsoperationen: In den 1995 geprüften Beratungsgesprächen zu Brustimplantaten verharmlosten Ärzte die Risiken. Für die Tester ergab sich „ein düsteres Bild einer so schillernd erscheinenden Welt“.

Kondome: Alle geprüften Produkte waren „gut“, kein einziges „befriedigend“. Im Techniktest überzeugten die Latex-Häubchen 2009: Sie platzten erst nach mehr als 30 Litern hineingepumpter Luft. Text/FOTO: dpa

 
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