
Die Verbraucherministerin ist zufrieden – die Verbraucherschützer sind es nicht. Mit Hilfe eines neuen Gesetzes will die Koalition mehr Transparenz in der Anlageberatung schaffen: Kunden, die sich an einen Honorarberater wenden, können sicher sein, dass er ihnen die Aktien oder die Immobilienfonds empfiehlt, die am besten zu ihnen passen – und nicht die Produkte, bei denen er die höchste Provision kassiert. Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen geht die Regelung allerdings noch nicht weit genug. „Die Regierung“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung, „bleibt auf halbem Weg stehen.“
Mit dem neuen Gesetz wird zum ersten mal die Honorarberatung als eigenes Berufsbild etabliert. Honorarberater dürfen für Kapitalanlagen, die sie vermitteln, keine Provisionen von Banken, Versicherungen oder Fondsgesellschaften annehmen, sondern werden ausschließlich vom Kunden bezahlt. Empfehlen sie eine Anlage, die nur auf Prämienbasis vertrieben wird, müssen sie ihre Verkaufsprämie in voller Höhe an den Kunden weiterreichen. So werde die Beratung stärker an den Interessen der Verbraucher ausgerichtet, sagt Verbraucherministerin Ilse Aigner - und appelliert an die Finanzwirtschaft, ihre Geschäftsmodelle entsprechend zu überprüfen.
„Eine gute Beratung kann nur funktionieren, wenn sie alle Finanzprodukte umfasst", sagt Gerd Billen, der Vorstand des Dachverbandes vzbv. Aigners Gesetz allerdings gilt nur für einen Teil der vielen Anlagemöglichkeiten: Wertpapiere, Immobilienbeteiligungen, Termingeschäfte. Der Vertrieb von Bausparverträgen, Versicherungen oder Sparanlagen bleibt bislang außen vor. Für vzbv-Expertin Mohn widerspricht dies der Logik der Honorarberatung: Mit der Entscheidung für einen unabhängigen Vermittler, kritisiert sie, treffe der Kunde bereits eine Vorentscheidung über seine Anlageform – dabei soll ein guter Berater ihm genau das abnehmen. Auch Karl Matthäus Schmidt, der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes deutscher Honorarberater, ist skeptisch: Mit dem neuen Gesetz sei es noch immer möglich, Mischmodelle aus Provisions- und Honorarberatung anzubieten.
Einmalige Beratungen werden in der Regeln nach Zeitaufwand abgerechnet. Ein guter Berater berechnet dabei etwa 150 Euro pro Stunde. Eine kontinuierliche Beratung, also eine Art Vermögensmanagement, kostet nach Auskunft des Berufsverbandes pro Jahr etwa 1,2 Prozent der angelegten Summe. Bisher arbeiten bundesweit knapp 2000 Berater nach dem Honorarprinzip. Listen mit Namen und Adressen gibt es bei den örtlichen Verbraucherzentralen und auf den Internetseiten des Verbundes der deutscher Honorarberater.
„In den allermeisten Fällen“, sagt Verbraucherschützerin Mohn, spare sich der Kunde mit dem Honorarberater Geld. Wer zum Beispiel 20000 Euro in einen Investmentfonds stecke, den ihm die Hausbank empfiehlt, zahlt dafür in der Regel eine Gebühr von fünf Prozent, den so genannten Ausgabeaufschlag. In diesem Fall wären das 1000 Euro, also umgerechnet knapp sieben Beraterstunden. Wer zwölf Jahre lang jeden Monat 100 Euro in eine Kapitallebensversicherung steckt, zahlt damit auch mehr als 600 Euro an versteckten Vertriebsprovision, das sind vier unabhängige Beraterstunden.
Ja, sofern sie beides sauber voneinander trennt. Das Gesetz verpflichtet die Branche dazu, Honorar- und Provisionsberatung „organisatorisch, funktional und personell“ strikt auseinander zu halten. Komplett auf Honorarbasis berät bisher nur ein Institut in Deutschland - die Berliner Quirin-Bank. Neben einigen Privatbanken bieten inzwischen auch die Comdirect und Cortal Consors alternativ zum klassischen Vertrieb Honorarberatungen an.