Messe-Chef Roland Fleck kommt der indische Willkommensgruß „Namaste“ längst routiniert über die Lippen. Man sei schon seit 2009 auf dem Messeplatz Indien aktiv, sagt er, nun wäre es Zeit, „den nächsten Schritt zu gehen“. Co-Geschäftsführer Peter Ottmann ergänzt: „Wir wollen eine der zehn größten Messegesellschaften der Welt werden, und dieser Weg führt für uns selbstverständlich über Indien“. Schon heute sei der Subkontinent eine der größten Volkswirtschaften und das Potenzial sei riesig, schwärmt Ottmann: „Deshalb geht eine Messegesellschaft aus Franken nach Indien“.
Messemacher müssen Visionäre sein. Sie verkaufen keine schnell herzustellenden Produkte, können nicht das schnelle Geld machen. Langfristig denken und nachhaltig investieren, das ist das Erfolgsrezept – gerade auch der Nürnberger Messeprofis. Die Franken erfüllen geradezu mustergültig das, was die Unternehmensberatung Deloitte jüngst den erfolgsverwöhnten deutschen Messegesellschaften geraten hatte, wenn man gegen die aufstrebende Konkurrenz vor allem aus Asien bestehen will: Neue Messekonzepte entwickeln – und sein Geschäft internationalisieren. Nun also Indien.
Zuletzt gab es wenig Gutes vom Subkontinent zu hören: Korruption, Unruhen und natürlich die jüngsten Vergewaltigungen. Beeinflussen all diese Meldungen nicht auch das Geschäftsleben? Bernhard Steinrücke schüttelt den Kopf. „Ach nein“, das sei eigentlich kein Thema. Selbstverständlich wären die Vergewaltigungen schrecklich und es müsse darüber berichtet werden. „Doch Sie können Indien einfach nicht mit einem Land wie Deutschland vergleichen“, sagt der Chef der Deutsch-Indischen Handelskammer. Indien sei flächenmäßig so groß wie ganz Europa und habe dreimal so viele Einwohner. „Wenn aber irgendwo in Rumänen etwas Schlimmes passiert, dann heißt es doch auch nicht: Das war in Europa. Dann heißt es: Das war in Rumänien“.
Lange konnte ein jährliches Wachstum von acht bis zehn Prozent viele Probleme Indiens überdecken. Derzeit aber wächst die indische Wirtschaft nur noch mit etwa fünf Prozent – und das bei einer Inflationsrate von aktuell 10,3 Prozent. Das rückt das Versprechen, dass Jahr für Jahr 20 bis 30 Millionen Inder in die Mittelschicht aufrücken, in weite Ferne. Bei einem 1,2-Milliarden-Land, in dem nur jeder Hunderte ein Auto besitzt und in dem weltweit die Hälfte aller unterernährten Kinder leben, eine brisante Entwicklung. Dennoch spricht die langfristige Entwicklung weiter für Indien. Schon heute ist das Land – gemessen an der Kaufkraft – die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Und wenn die Prognosen der Experten stimmen, wird Indien Deutschland bis zum Jahr 2020 beim Bruttoinlandsprodukt überrunden. Nein, daran, dass Indien eine wirtschaftliche Supermacht werde könne, bestehe wirklich kein Zweifel, schrieb daher auch vor kurzem das renommierte Wirtschaftsblatt „The Economist“: Die Frage sei nur, ob das Land das auch wirklich wolle. In Indien kann immer auch das Gegenteil stimmen, erklärt Anna Westenberger von Germany Trade & Invest, „das ist nicht immer leicht für uns zu verstehen“. Wie man in Indien sehr wohl erfolgreich sein kann, berichtet in Neu-Delhi Gerd Kielburger von Vogel Business Media in Würzburg. Das traditionsreiche und ebenfalls stark internationalisierte Verlagshaus ist Joint-Venture-Partner der NürnbergMesse bei einer aufstrebenden technischen Fachmesse in Indien – eine fränkische Allianz auf dem Subkontinent, kein schlechter Anfang.
Dass man bei der NürnbergMesse in der Tat weiß, wie wichtig ein guter Anfang ist, zeigt dann am Abend die feierliche Eröffnungsfeier auf dem Rasen vor dem noblen Imperial-Hotel. Der Rahmen stimmt, die indischen Gäste sind von dem Gebotenen beeindruckt – denn sogar der deutsche Botschafter Michael Steiner gibt der NürnbergMesse die Ehre. Stilvoll feiern können sie, die Franken. Die Messechefs sind zufrieden. „Gut war’s“, meint Peter Ottmann spätabends und verrät: „Das war mit Sicherheit nicht die letzte Gründung einer Auslandstochter“.
NürnbergMesse
Aus bescheidenden Anfängen wuchs die NürnbergMesse in den vergangenen Jahren zu einer der international führenden Messegesellschaften mit aktuell 220 Millionen Euro Umsatz und weltweit mehr als 500 Mitarbeitern. Das Portfolio umfasst etwa 70 Messen – eigene wie die weltgrößte Messe für Bioprodukte, die Biofach und welche mit Partnern, wie etwa die Spielwarenmesse. Gesellschafter der Messe sind die Stadt Nürnberg und der Freistaat Bayern zu je 49,97 Prozent, mit an Bord sind dann noch die Nürnberger IHK und die mittelfränkische Handwerkskammer mit je 0,03 Prozent.