Die T-Aktie hat es gezeigt, und auch viele Solarwerte sind ein Sinnbild dafür: Wer beim Aktienkauf mit der Mode geht, kann viel verlieren. Denn auch wenn die Börsen von Rekord zu Rekord eilen: Es gibt auch Gesellschaften, die das Geld ihrer Aktionäre verbrennen.
Für keine andere im Prime Standard gelistete Firma gilt das aktuell so sehr wir für das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld. Die Bonner, die nur knapp einer Insolvenz entronnen sind, sind zum zweiten Mal in Folge der unrühmliche Spitzenreiter unter den 50 größten „Kapitalvernichtern“ Deutschlands, wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Donnerstag berichtet. Die Aktie verlor allein 2014 fast 82 Prozent an Wert, seit 2010 ging der Kurs um 99,5 Prozent in den Keller.
Doch sieht Solarworld-Firmengründer und Großaktionär Frank Asbeck das Unternehmen nach dem Kapital- und Schuldenschnitt im Frühjahr 2014 wieder auf gutem Weg. Im vergangenen Jahr steigerte der Konzern seinen Umsatz um 26 Prozent auf 573 Millionen Euro. Noch mehr Börsenwert setzte 2014 die Centrosolar Group in den Sand – da dieses Unternehmen inzwischen insolvent ist, wird es aber nicht mehr für die DSW-„Watchlist“ berücksichtigt. Mit ihrer Liste stellen die Aktionärsschützer der DSW seit 2001 Unternehmen an den Pranger, die ihren Anteilseignern hohe Verluste bescheren. Dabei fällt immer wieder auf: Modewerte sind eine gefährliche Investition.
So ist es für die Experten nicht überraschend, dass auf Rang 2 der DSW-Liste der Bambushersteller Asian Bamboo folgt: „Eine der Chinaaktien, von denen sich die Anteilseigner geradezu märchenhafte Gewinne versprachen“, sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler: „Die Zahlen zeigen, dass es dazu nicht gekommen ist.“ Im Fünfjahresvergleich hat sich die Aktie mit minus 97,4 Prozent kaum besser entwickelt als die von Solarworld.
Tüngler betont: „Neben dem Solarhype, der in den letzten Jahren etliche Investoren viel Geld kostete – und einige wenige reich gemacht hat – gehört sicher auch die zeitweise vorhandene Euphorie um alles, was aus China kommt, in diese Kategorie.“ Die beiden führenden AGs auf der „DSW-Watchlist“ zeigten sinnbildlich, wie gefährlich es für Anleger werden kann, auf Trendthemen zu setzen, betont Tüngler: „Anleger sollten Modethemen schlichtweg meiden.“ Selbst wenn die Kurse dieser Firmen kurzfristig in den Himmel schießen: „Wenn die Mode vorbei ist, schaffen Privatanleger den Absprung meist nicht.“ Allerdings belegt die Analyse auch: Selbst Investitionen in große Gesellschaften müssen kein sicheres Investment sein. Fünf Dax-Konzerne sind in der Watchlist zu finden – und das, obwohl der Leitindex 2013 um 25 Prozent und 2014 immerhin um vier Prozent zulegte. Erster Dax-Konzern unter den Kapitalvernichtern ist die Commerzbank auf Platz 32. Zwar büßte das Institut 2014 „nur“ 6,2 Prozent an der Börse ein - seit 2010 haben Anteilseigner aber satte 68,7 Prozent ihres Kapitals verloren. Zum Vergleich: In diesen fünf Jahren legte der Dax um 61 Prozent zu. Tüngler stellt fest: „Die Sonne scheint noch lange nicht für alle Anleger. Auch wenn der Dax nach einem fulminanten Start 2015 inzwischen bei fast 11 700 Punkten liegt.“ Und während andere Konzerne ihre Anteilseigner mit üppigen Dividenden beglücken, gehen Commerzbank-Aktionäre erneut leer aus. Nach Zahlen der Beratungsgesellschaft EY schütten die Dax-Konzerne für 2014 insgesamt 29,5 Milliarden Euro aus - so viel wie nie zuvor.
Auch die Börsenschwergewichte RWE, E.ON, K+S und Deutsche Bank tauchen auf der Liste auf. DSW-Sprecher Jürgen Kurz führt das auch auf äußere Einflüsse zurück, für die das Management nur bedingt verantwortlich sei: Den Atomausstieg, die Finanzkrise beziehungsweise den Preisverfall bei Kali. Die Kasseler steigerten ihren Börsenwert schon 2014 wieder etwas. Tüngler wagt die Prognose: „K+S ist ein guter Kandidat, nächstes Jahr nicht mehr auf der Liste zu stehen.“
Ohnehin sieht die DSW ihre „Watchlist“ der 50 größten Verlustbringer nicht als Verkaufsempfehlung, sondern nur als Warnhinweis für Privatinvestoren. Generell gelte: Wer längere Zeit oben rangiert, dem droht womöglich die Pleite. In diesen Fällen sei ein schmerzhafter Abschied besser, als auf weitere Verluste zu warten. Stimmt das Geschäftsmodell, könne ein Ausrutscher in der Kursentwicklung aber auch eine Gelegenheit für Schnäppchenjäger sein, betont Kurz: „In der Krise kauft man gute Unternehmen billig.“