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ATHEN/MOSKAU
Gazprom will griechischen Gasversorger
Hat 900 Millionen Euro geboten: Russlands Staatskonzern Gazprom will den griechischen Gasversorger Depa.
Foto: dpa | Hat 900 Millionen Euro geboten: Russlands Staatskonzern Gazprom will den griechischen Gasversorger Depa.
Von unserem Korrespondenten Gerd Höhler
 |  aktualisiert: 28.05.2013 17:40 Uhr

Die Privatisierung des staatlichen griechischen Gasversorgers Depa geht in die entscheidende Phase. Bis Ende kommender Woche sollen die Interessenten bindende Angebote für das Unternehmen abgeben. Als Favorit gilt der russische Staatskonzern Gazprom, der in der vorangegangenen Bieterrunde ein unverbindliches Angebot über 900 Millionen Euro auf den Tisch gelegt hatte. Es geht es um weit mehr als den Verkauf eines international eher unbedeutenden griechischen Staatsunternehmens. Die anstehende Privatisierung könnte auch Konsequenzen für die künftige Gasversorgung Westeuropas haben.

Eigentlich sollte die Angebotsfrist für Depa bereits an diesem Mittwoch ablaufen. Aber dann änderte die staatliche Privatisierungsbehörde HRADF noch einmal einige Konditionen der Ausschreibung und verlängerte die Frist bis zum 7. Juni – auf Drängen von Gazprom, dessen Chef Alexei Miller deswegen vergangene Woche eigens in Athen beim griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras vorgesprochen hatte. Es war bereits Millers dritter Besuch in Athen seit März. Das unterstreicht das große Interesse von Gazprom. Einziger verbliebener Mitbewerber ist das Konsortium M&M Gas der beiden griechischen Energiekonzerne Motor Oil und Mytilineos, deren Angebot mit 550 Millionen Euro jedoch bisher weit unter der Gazprom-Offerte liegt.

Der griechische Gasmarkt ist klein. Seine geopolitische Bedeutung liegt aber in der möglichen Rolle als Korridor für Westeuropas Gasversorgung. Durch die geplante Trans-Adriatic-Pipeline (TAP) soll Gas aus Aserbaidschan von der Türkei über Griechenland und Albanien nach Italien fließen. An dem TAP-Konsortium ist neben der Schweizer Axpro und der norwegischen Statoil auch die Essener E.ON Ruhrgas mit 15 Prozent beteiligt. Große energiepolitische Bedeutung für Europa könnte Griechenland auch wegen der vor seinen Küsten vermuteten Gas- und Ölvorkommen gewinnen. Das macht den griechischen Markt für den Staatskonzern Gazprom, der seine dominierende Rolle in Europa verteidigen will, so wichtig.

Mit einer Übernahme von Depa hätte Gazprom den griechischen Markt fest im Griff. Schon jetzt ist Gazprom größter Lieferant der Griechen: Depa bezieht etwa 80 Prozent seines Gases von dem russischen Staatskonzern. Neben Depa soll auch der Gasnetzbetreiber Desfa privatisiert werden. Die Firma ist bisher eine 100-prozentige Tochter der Depa, die jedoch getrennt verkauft werden soll – entsprechend der energiepolitischen Vorgabe der EU zur Entflechtung der Energiemärkte. Für die Desfa gibt es zwei Interessenten: den Energiekonzern Sintez des russischen Oligarchen Leonid Lebedew und die staatliche aserbaidschanische Gasgesellschaft Socar.

Mit dem Verkauf der beiden griechischen Gasunternehmen werden auch die Karten im südosteuropäischen Pipeline-Poker neu gemischt. Die geplante Trans-Adriatic-Pipeline TAP konkurriert mit dem Projekt Nabucco-West, einer Rohrleitung, die aserbaidschanisches Gas von der türkischen Grenze über den Balkan nach Österreich bringen soll. Die Gasmenge, um die es geht, rechtfertigt nur den Bau einer der beiden Pipelines.

Nabucco steht überdies im Wettbewerb mit dem Gazprom-Projekt South-Stream, einer 2500 Kilometer langen Gasleitung, die unter dem Schwarzen Meer nach Bulgarien und ebenfalls über den Balkan nach Westeuropa führen soll. Ende Juni will das internationale Konsortium, das die aserbaidschanischen Gasvorkommen des Shah-Deniz-Feldes unter dem Kaspischen Meer ausbeutet, entscheiden, ob Nabucco oder TAP den Zuschlag zum Transport des Kaspi-Gases nach Westeuropa bekommt.

Socar ist, wie der TAP-Partner Statoil, Mitglied des Shah-Deniz-Förderkonsortiums. Vor diesem Hintergrund ist die Privatisierung der beiden griechischen Gasunternehmen eine wichtige Weichenstellung. Käme Socar beim Netzbetreiber Desfa zum Zuge, würde das die Chancen des TAP-Projekts erhöhen. Socar gilt deshalb als Wunschpartner der griechischen Regierung für die Desfa-Privatisierung und als Gegengewicht zu Gazprom. Das Land würde sich damit energiepolitisch unabhängiger von Russland machen und zugleich strategische Bedeutung als Gas-Korridor für Westeuropa gewinnen.

 
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