Heutzutage sind Frauen in der Arbeitswelt in jeder Branche zu finden. Doch wirft man einen Blick auf die Technikbranche, so scheint das weibliche Geschlecht derzeit noch nur wenig vertreten zu sein, oder etwa nicht? Würzburger Ingenieurinnen sprechen über ihren Arbeitsalltag, die Frauenquote und Durchhaltevermögen.
Es ist Freitagnachmittag, das Wochenende steht bevor. Die junge Frau, die hinter der Tür der Büroräume im vierten Stock am Berliner Platz in Würzburg hervortritt, lächelt sympathisch. Passend zu den Sommertemperaturen trägt sie eine kurze Hose, kombiniert mit einem schwarzen Oberteil und Sandalen. Sina Schmelz ist Masterstudentin im Fach Bauingenieurwesen und schreibt derzeit ihre Masterarbeit im Würzburger Ingenieurbüro Auktor Ingenieur GmbH.
Seit Anfang April ist sie im Unternehmen tätig. In den letzten Zügen ihres Masters lässt sie gerne ihre Studienvergangenheit Revue passieren: Angefangen hat Schmelz an der Fachhochschule Erfurt mit dem Bachelor in Bauingenieurwesen, danach hängte sie einen Master mit dem Schwerpunkt Wasserwirtschaft in Karlsruhe an.
Warum Ingenieurin? Es ist kein Geheimnis, dass die Studienrichtung mit Männern überlaufen sei. „Ich war teilweise sogar besser als viele Männer. Das war ein Ansporn – ich als Frau schaffe es auch, Ingenieurin zu werden“, behauptet sie. Die Nachfrage nach MINT-(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik)-Berufen ist in den vergangenen Jahren angestiegen, auch bei Frauen.
Laut dem nationalen Netzwerk „Komm, mach MINT“ waren 2015 fast 32 Prozent der Studienanfänger in MINT-Studiengängen Frauen.
Noch 2008 nahmen 21 400 junge Frauen ein ingenieurwissenschaftliches Studium auf, 2015 waren es bereits 60 000. „Wir Frauen waren die, die es bis zum Ende im Bachelor durchgezogen haben, bei den Jungs hatten wir große Verluste“, erzählt Schmelz.
Sie ist sich sicher, dass Frauen deutlich mehr überlegen, ein derartiges Studium anzufangen und durchzuziehen, wohingegen Männer sich oftmals unüberlegt einschreiben, nur weil sie „immer schon gern rumgewerkelt haben“.
Wie im Studium spielt Durchhaltevermögen in der Praxis eine entscheidende Rolle, besonders wenn es um die eigene Etablierung im Männerberuf geht. Frauen in Technikberufen: Tatsächlich immer noch eine Seltenheit?
Laut Statistischem Bundesamt waren im September 2016 genau 120 495 Frauen in Deutschland in Branchen wie Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik tätig. Im Vergleich: Zur gleichen Zeit arbeiteten in denselben Branchen 1,8 Millionen Männer.
Es sind vergleichsweise wenige Frauen, doch verglichen mit den Vorjahren zeigen die Zahlen: Technikberufe werden immer interessanter bei Frauen. In Würzburg sind nur in wenigen der zahlreichen Ingenieurbüros Frauen als Ingenieurinnen beschäftigt.
Am Ludwigkai in Würzburg arbeitet Franziska Röser, Bauingenieurin mit einem Masterabschluss in Denkmalpflege. Sie ist seit sieben Jahren bei Mittnacht Beratende Ingenieure angestellt. In ihrem dreiköpfigen Team ist sie die einzige Frau, doch das stellt für sie überhaupt kein Problem dar. „Es ist nicht so, als müsse man hier kämpfen oder als stünden wir hier unter Konkurrenz. Ich bin nicht die erste Ingenieurin in diesem Büro“, so Röser, die sich an ihre Anfänge bei Mittnacht erinnert, als sie einem der erfahrenen Ingenieure bei seiner Arbeit über die Schulter schauen konnte.
Gelernt hat sie dadurch viel: „Anfangs ist man mitgeschwommen und hat sich irgendwann freigeschwommen“.
Die größte Schwierigkeit der Branche sieht sie in der rückläufigen Zahl an Bewerbern, sowohl an Frauen als auch an Männern. Händeringend sind viele der Ingenieurbüros auf der Suche nach Arbeitskräften. Dabei spielt es keine Rolle, ob Frau oder Mann, solange die Qualifikationen stimmen.
Was eine Frauenquote angeht, da sind sich die Ingenieurinnen einig: „Gerade in unserer Branche halte ich es für nicht praktikabel. Es gibt ohnehin schon einen Mangel an Ingenieuren“, spricht Röser für alle. Eine „Quotenfrau“ möchte hier niemand sein, dafür sind sich alle ihrer Qualifikationen zu sehr bewusst.
Die Frauen haben sich in Ingenieurberufen durchgesetzt. „Ich arbeite mittlerweile mit der zweiten Baustelle zusammen, auf der fast alle Architekten, Ingenieure und Bauleiter Frauen sind. Das läuft gut“, erzählt Franziska Röser. Besonders glücklich macht sie das Endergebnis ihrer Arbeit.
Sina Schmelz: „Man sieht sozusagen sein Werk. Das lag schon auf meinem Schreibtisch, das habe ich berechnet und das funktioniert alles in der Praxis. Vielleicht geht man mal mit seinen Kindern oder Enkeln vorbei und kann behaupten, daran habe man selbst schon gearbeitet.“ Für Schmelz besteht die Möglichkeit, nach ihrer Masterarbeit bei Auktor Ingenieure GmbH fest einzusteigen. In den Büros selbst ist von Rollenklischees nichts zu spüren. Sie gehen mit der Zeit, auch das Thema Familie vermag kein Ausschlusskriterium mehr sein. Es scheint, als liefe für Frauen in Ingenieurberufen mittlerweile alles, wie es sein soll.