Im November wurde es noch als „Panne“ erklärt, jetzt machte Standard & Poors (S&P) Ernst: Am Freitag berichteten mehrere französische Medien mit Verweis auf Regierungskreise, dass die US-Rating-Agentur Frankreich die Bestnote bei der Kreditwürdigkeit, das Triple A, aberkannt habe. Offiziell bestätigen wollten dies zunächst weder der Élysée-Palast noch das französische Finanzministerium und auch nicht S&P selbst – es hieß, man warte den Börsenschluss in den USA ab. Den Berichten zufolge sollen Deutschland, Finnland, Belgien, die Niederlande und Luxemburg ihre Top-Bonität behalten, während auch die AAA-Bewertung Österreichs und der Slowakei auf der Kippe sei.
Seit Monaten wird die Abstufung befürchtet, zumal S&P im November bereits eine entsprechende Meldung verbreitet und dann als Fehler wieder zurückgezogen hatte. Das sorgte für Unwillen, ebenso wie die Eigenart, schlechte Meldungen zu besonders ungünstigen Zeitpunkten durchsickern zu lassen – wie am Freitagnachmittag. Anfang Dezember senkte S&P den Ausblick von 15 Euro-Ländern, darunter Deutschland und Frankreich, auf „negativ“. Sie warnte vor einer „systemischen Vertrauenskrise“ in der Euro-Zone mit dem Risiko einer Rezession.
Demgegenüber hatte deren Kollegen von der Rating-Agentur Fitch erst vor wenigen Tagen mitgeteilt, sie sehen Frankreichs Top-Bonität für 2012 nicht gefährdet, obwohl es zuletzt in die Rezession gerutscht war und der Bankensektor als schwach gilt. Die USA hatten bereits im vergangenen August ihre Bestnote durch S&P verloren. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, relativierte, das Triple A sei ohnehin eine „aussterbende Spezies“ und könne die Märkte zwar kurzfristig irritieren, müsse aber – siehe USA und Japan – nicht automatisch zu höheren Zinsen führen.
Die kurzfristigen Konsequenzen ließen nicht auf sich warten: Die Aktienmärkte gerieten weltweit in Aufruhr, der Euro fiel am Freitagnachmittag um mehr als ein Prozent unter die Marke von 1,27 Dollar, der DAX schloss 0,6 Prozent tiefer bei 6143 Punkten. Spanische, italienische und französische Anleihen verteuerten sich umgehend – Signal für die Verunsicherung der Märkte.
Da eine schlechtere Bonitätsnote höhere Finanzierungskosten nach sich ziehen kann, kann die Abstufung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone auch negative Auswirkungen auf die dortigen Rettungsbemühungen in der Schuldenkrise haben. Auch der Rettungsfonds könnte in der Folge sein Top-Rating verlieren; dadurch würden sich wiederum Notkredite für hoch verschuldete Länder verteuern. Frankreichs Haushaltsministerin und Regierungssprecherin Valérie Pécresse versuchte in einer ersten Reaktion zu beruhigen, „Frankreich ist ein sicherer Wert“.
Dennoch ist die Herabstufung für Präsident Nicolas Sarkozy eine schlechte Nachricht. Er geht demnächst in den französischen Präsidentschaftswahlkampf, der in erster Linie durch die wirtschaftliche Situation entschieden werden wird, die weiter angespannt bleibt. „Verlieren wir das Triple A, bin ich erledigt“, soll er noch vor kurzem im kleinen Kreis gesagt haben. Die Regierung hatte im Herbst zwei milliardenschwere Sparpakete geschnürt, weitere Sparmaßnahmen aber ausgeschlossen und auch keine strukturellen Reformen gewagt – sicherlich mit Rücksicht auf die Wähler. Bis 2013 will sie das Defizit auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) drücken, das im vergangenen Jahr bei 5,5 Prozent lag.