Angesichts massiver Verluste sei „keine Perspektive der Fortführung des Unternehmens mehr erkennbar“, teilten die Eigentümer, das Kölner Medienhaus M. DuMont Schauberg MDS und die SPD-Medienholding DDVG, am Dienstag mit. Die „Frankfurter Rundschau“, deren Mantelteil in einer Redaktionsgemeinschaft mit der „Berliner Zeitung“ entsteht, ist trotz zahlreicher Sparrunden seit Jahren defizitär. Im vergangenen Jahr waren weitere 58 Stellen betriebsbedingt gestrichen worden, die FR hat damit aktuell nur noch etwas mehr als 500 Mitarbeiter.
Auch die Auflage sinkt: Im dritten Quartal 2012 verkaufte das Blatt durchschnittlich knapp 118 000 Exemplare pro Tag. Vor zehn Jahren waren es noch gut 183 000. Erst im Juni hatte die „Frankfurter Rundschau“ mit Arnd Festerling wieder einen eigenen Chefredakteur bekommen. Er folgte auf Uwe Vorkötter, der in Personalunion auch Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ war. Als Grund für die Personalentscheidungen wurde damals angegeben, dass beide Zeitungen sich „stärker auf ihre jeweiligen Märkte“ fokussieren sollten. Noch Ende Oktober hatte DuMont Schauberg Gerüchte über einen Verkauf oder eine Abspaltung der „Frankfurter Rundschau“ dementiert. Nun wurde der Rechtsanwalt Frank Schmitt der Frankfurter Kanzlei Schulze & Braun als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt.
Um 15 Uhr am Dienstag wurden die FR-Mitarbeiter bei einer Belegschaftsversammlung in Frankfurt informiert. Auch bei der „Berliner Zeitung“, an der M. DuMont Schauberg ebenfalls die Mehrheit hält, sollte am Dienstag eine Versammlung stattfinden. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte vom Verlag DuMont Schauberg, auf Kündigungen redaktioneller Mitarbeiter weitgehend zu verzichten. „Die Journalisten der FR brauchen eine berufliche Perspektive“, sagte der Bundesvorsitzende des DJV, Michael Konken. Betroffenen sollten adäquate Stellen bei anderen Medien im Verlag angeboten werden.
Die Insolvenz sei die Folge von jahrzehntelangem Missmanagement. Der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke nannte die Insolvenz einen schwarzen Tag für die Beschäftigten und für die Pressevielfalt in Deutschland. Der Insolvenzantrag sei das Ende einer Entwicklung, in der der Charakter des Blattes in den Gemeinschaftsredaktionen von Hauptanteilseigner M. Dumont Schauberg „bis zur Unkenntlichkeit geschliffen“ und das Blatt auf regionale Bedeutung herabgestuft worden sei, kritisierte Werneke. Das einstige linksliberale Intellektuellen-Blatt blickt auf eine über 60-jährige Geschichte zurück.