Nach Ostern rollen die ersten Riesen auf den noch jungen deutschen Markt für Fernbusverbindungen. Nur zwei Tage, nachdem der Platzhirsch Deutsche Bahn einen weiteren Ausbau seines Netzes bestätigt hat, präsentiert der britische Anbieter National Express seine Pläne für den größten Verkehrsmarkt Europas. Die Ansage des Deutschland-Chefs Roderick Donker van Heel ist eindeutig: „Wir wollen innerhalb von fünf Jahren die Nummer eins in Deutschland werden.“ In Spanien und auf ihrem Heimatmarkt sind es die Briten längst.
Zum genannten Zeitpunkt erwartet der smarte Niederländer den kompletten Markt in voller Blüte: mit einem Jahresumsatz von um die 300 Millionen Euro, an die zehn Prozent des Fernverkehrsaufkommens auf der Schiene. Um diesen vergleichsweise kleinen Kuchen streitet sich schon jetzt eine Vielzahl von Anbietern, von denen nach seiner Einschätzung „drei bis fünf“ übrig bleiben werden. Marktführer ist die Deutsche Bahn AG über ihre Beteiligung Berlin Linien Express, die jahrzehntelang auf den Strecken von und nach Berlin ein Quasi-Monopol innehatte. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass sie ab dem 8. April neue Linien in Nord- und Westdeutschland bedienen will. Das zunächst angekündigte Abwarten ist wohl schon vorbei. Studentisch geprägte Start-ups wie DeinBus aus Offenbach oder MeinFernbus aus Berlin haben die Zeit kurz vor und nach dem Fall des faktischen Fernbusverbots genutzt, um mit ihren auffällig lackierten Fahrzeugen früh in den Markt zu gehen. Unklar bleibt, ob der ADAC tatsächlich zum kommenden Jahr im Verein mit der Deutschen Post AG ebenfalls in den Markt eintritt. FlixBus aus München ist seit Februar unterwegs und plant 300 Direktverbindungen durch ganz Deutschland. Zentrales Drehkreuz soll dabei Frankfurt werden.
Auch National Express plant die Expansion seiner Busmarke „City2City“ von der zentral gelegenen Main-Metropole aus. Dabei geht es den Briten nicht primär darum, die Lücken im Fernverkehrsnetz der Bahn zu nutzen und zu schließen. Geplant sind zunächst ausschließlich Verbindungen zwischen bevölkerungsreichen Großstädten und typischen Universitätsstandorten. Im direkten Vergleich mit dem ICE sind die Busse zwar langsamer, aber eben auch meistens deutlich billiger, für viele Menschen ein wichtiges Argument. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge können sich etwa zwei Drittel der Deutschen vorstellen, mit dem Bus statt mit der Bahn oder dem Privatauto innerhalb Deutschlands zu reisen. Mit Lockvogelangeboten wollen alle Anbieter die Kunden auch vom Komfort der neuen Reiseform überzeugen. Drahtloses Internet an Bord ist anders als bei der Bahn Standard, auch mit luxuriösen Sitzabständen wird geworben.
Das unternehmerische Risiko halten die Wettbewerber aber möglichst niedrig. In allen Modellen treten regionale Busbetriebe als Subunternehmer auf, zentral werden jeweils Marketing und Vertrieb organisiert. Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) begrüßt die seit Jahresbeginn greifende Liberalisierung grundsätzlich. Gleichzeitig verlangt der VCD aber einen aus seiner Sicht fairen Wettbewerb. Wie auf der Schiene müssten die Fernbusse für ihre Trassen- und Stationsnutzung zahlen, sprich eine Maut bezahlen.