Eine Woche nach dem von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) überraschend verkündeten Stopp der KfW-Förderung für energieeffiziente Häuser herrscht im Land immer noch Unruhe. Betroffene Bauherren und Teile des Handwerks werfen der Regierung Versagen vor.
Nach Ansicht von Energieexperte Florian Wohlfeil aus Lindach (Lkr. Schweinfurt) sollten Häuslebauer wegen des Förderstopps nicht gleich die Segel streichen. Wohlfeil ist als unabhängiger Energieberater unter anderem spezialisiert auf Energieeffizienz-Förderprogramme des Bundes. Er und andere Fachleute haben für Bauwillige Antworten auf die drängendsten Fragen.
Was können Häuslebauer gegen den vom 31. auf den 24. Januar vorgezogenen Förderstopp jetzt noch tun, wenn sie schon einen Antrag bei der staatlichen Förderbank KfW eingereicht haben?
"Leider nur abwarten, was weiter passiert", so Wohlfeil. Die Bundesregierung hat am Wochenende durchblicken lassen, dass private Hausbauer nach dem umstrittenen KfW-Förderstopp auf Unterstützung hoffen können. Für Familien soll es Härtefallregelungen geben. Eine Wiederaufnahme der KfW-Förderung im bisherigen Stil wäre das aber nicht.
Was gibt es im Detail zu beachten?
Prinzipiell sei zwischen KfW-Förderung und Darlehen zu unterscheiden, lautet der Hinweis von Energieberater Wohlfeil. Demnach haben bei einem Darlehen die Bauherren wahrscheinlich eine Bestätigung der Hausbank bekommen. Der Fachmann geht davon aus, dass es bei den meisten Betroffenen eher um einen Investitionszuschuss geht. "Hier ist wichtig, dass man die Förderung im Zuschussportal beantragt und eine Zusage erhalten hat. Dies ist aber wahrscheinlich noch kein endgültiger Zuwendungsbescheid. Aktuell wissen wir nicht, ob Anträge rückwirkend zurückgenommen werden." Wenn eine Zusage über das Zuschussportal vorliegt, "ist es schon mal beruhigender".
Ist es nun ein für allemal vorbei mit der Energieeffizienz-Förderung?
Nein. Denn die Bundesregierung hat die Förderung wegen knapper Mittel bei gleichzeitig hoher Nachfrage nur eingefroren. Deshalb teilt das Habeck-Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf seiner Website mit: "Die KfW-Förderung für energetische Sanierungen wird wieder aufgenommen, sobald entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt sind." Wann das passiert, war zu Wochenbeginn freilich unklar.
Wie sollten sich Hauseigentümer verhalten, die zwar noch keinen Förderantrag eingereicht haben, aber in absehbarer Zeit ihr altes Gebäude energieeffizienter ausstatten wollen?
Das Vorhaben schon weit im Voraus zu planen, "ist immer das Wichtigste", meint Energieberater Wohlfeil. Denn dann hätten Betroffene zum Beispiel beim Defekt der Heizung schon ein fertiges Konzept zur Hand und könnten deshalb schnell reagieren. Weiterer Tipp von Wohlfeil: einen "individuellen Sanierungsfahrplan" (ISFP) für das Haus erstellen lassen. Regionale Energieeffizienz-Experten mit Erfahrung in der systemischen Sanierung seien hierfür die richtigen Ansprechpartner. Die Kosten für den ISFP werden von der KfW nach eigenen Angaben gefördert. Der Plan solle helfen, die Sanierung eines Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhauses "Schritt für Schritt" anzugehen.
Wie sollten jetzt jene Menschen reagieren, die einen energieeffizienten Neubau planen?
"Sie sollten selbstverständlich ihr Budget prüfen, ob die Maßnahme so wie geplant umgesetzt werden kann", meint Wohlfeil. Energieeffizienz sei trotzdem wichtig. "Ich rate, nicht zu viele Abstriche zu machen, falls die Gelder nicht ausreichen sollten." Eine Heizlastberechnung nach der Norm DIN EN 12831, eine fachgerechte Planung der Heizflächen und die Überprüfung des sommerlichen Wärmeschutzes sollten nach Wohlfeils Meinung auch ohne die Förderung in Anspruch genommen werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium will für Häuslebauer, die jetzt wegen des Förderstopps leer ausgehen, ein KfW-Darlehen als Alternative anbieten. Ist das für Bauherren ein sinnvoller Weg?
Energieberater Wohlfeil ist der Ansicht, dass viele Bauherren an einem Darlehen nicht interessiert seien, weil sie ihre Finanzierung bereits abgeschlossen, aber den Zuschuss noch nicht beantragt haben. Das ergebe nun eine große Finanzierungslücke. "Und da bleibt nur übrig, beim Bauen massive Abstriche zu machen" – zum Beispiel bei der Gebäudehülle oder bei der Photovoltaik in Kombination mit Batteriespeicher . "Die betroffenen Gebäude werden dann für die nächsten 30 Jahre höhere Emissionen verursachen", warnt Wohlfeil.
Um wie viel Geld geht es im Schnitt bei Bauherren, die nun wegen des Förderstopps in die Röhre schauen?
Je nach Anzahl der Wohneinheiten und dem entsprechenden Standard – also "KfW 55 EE" oder "KfW 40 EE" – sind es nach Wohlfeils Rechnung zwischen 26 250 und 33 750 Euro, die den Betroffenen fehlen. Da die energetische Fachplanung ebenfalls unterstützt werde, kämen mitunter etwa 5000 Euro hinzu, die nun als Förderung wegfallen.
Der Lindacher Experte hat nach eigener Darstellung sogar einen Fall, in dem durch den Förderstopp eine Finanzierungslücke von 330 000 Euro entstanden ist. Es gehe um ein Haus mit 12 Wohneinheiten und KfW 55 EE-Standard zur Altersvorsorge eines Unternehmers. Just am Tag des Förderstopps, also am 24. Januar, sollte der Antrag für die Unterstützung gestellt werden. Bei solchen und ähnlichen Dimensionen stellt sich für Wohlfeil die Frage: "Wie soll ein Bauherr so etwas kompensieren?"
Wie sind die Reaktionen derjenigen, die vom Förderstopp betroffen sind?
Fassungslosigkeit und Angst, so Wohlfeils Beobachtung. Tübingens streitbarer Oberbürgermeister Boris Palmer wurde in den vergangenen Tagen in Medien mit den Worten zitiert, dass der Förderstopp für viele Bauwillige "in einer persönlichen Katastrophe enden" werde. Doch auch Fachleute wie Wohlfeil trifft es: Es würden Aufträge storniert, "weil keine Aussagen darüber getroffen wurden, wie es nun weitergehen soll". Alle Bauwilligen und Planer hingen in der Luft. "Wir sprechen hier von Bauvorhaben von mehreren Milliarden Euro in Deutschland, die schon größtenteils fertig geplant sind oder sich mitten in der Planungsphase befinden." Nun müssten die Pläne unter Umständen wieder geändert werden, was den Bauherren zusätzliche Kosten verursache.
Wo bekommen Betroffene bei der komplizierten Materie jetzt die besten Tipps?
Bei Energieeffizienz-Fachleuten, die nicht nur die Gebäudehülle im Auge, "sondern auch ein Verständnis für die Anlagentechnik haben", rät Wohlfeil. Einige Handwerker sind ebenfalls gut geschult und könnten, zumindest in ihrem Bereich, oft fachlich gute Empfehlungen aussprechen. "Reine Förderinstitute stehen den Privatbauherren meist nicht in der ganzen Komplexität zur Seite und sollten hier die letzte Wahl sein."