
Das Geschäft mit Wohneigentum blüht. Probleme gibt es, wenn ein Käufer aus dem Kreditvertrag wieder heraus will. Das kostet ihn eine Menge Geld – zu viel, monieren Verbraucherschützer und fordern eine Grenze. Die Europäische Union hat nun eine Richtlinie erlassen, die Kreditnehmer besser schützen soll. Die Neuregelungen werden voraussichtlich im kommenden März in deutsches Recht überführt.
Mit dem jüngsten Entwurf des Bundesjustizministeriums sind die beteiligten Interessengruppen unzufrieden. Das gilt nicht nur für die Banken, sondern insbesondere auch für die Verbraucherschützer.
Aus deren Sicht wird manches sogar schlechter als bisher. Zwei Punkte sind es vor allem, die die Experten des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) kritisieren. Vorfälligkeitsentschädigung: Der finanzielle Ausgleich beim Ausstieg aus dem Kreditvertrag vor Ende der Laufzeit sei im Gesetz nicht geregelt, lautet die Kritik. „Die Bundesregierung hat schlicht ihren Job nicht gemacht“, sagt VZBV-Finanzexpertin Dorothea Mohn. Die Folge: Es werde nach wie vor keine einheitliche Berechnungsmethode geben. In der Praxis kassierten die Banken mehr als zehn Prozent der Restschuld extra. Da geht es um vier- bis fünfstellige Eurobeträge.
Die Forderung des VZBV: Fünf Prozent müssen reichen, der Gesetzgeber sollte das vorschreiben. Außerdem müsse die Berechnung vereinfacht und vereinheitlicht werden.
Risiko steigender Zinsen
Etwas anders sehen das die Banken und Sparkassen. Die Kreditnehmer in Deutschland wollten langfristig feste Zinsen, heißt es beim Spitzenverband Deutsche Kreditwirtschaft. Das sei auch gut so: „Auf diese Weise sichern sie sich gegen das Risiko steigender Zinsen ab, wodurch Zahlungsausfälle und Überschuldungen vermieden werden.“ Dafür sei aber auch ein Preis zu zahlen: Vertragstreue – oder ein Ausgleich an die Bank. Denn die Kreditinstitute müssten die Darlehen für die gesamte Laufzeit refinanzieren und hätten die entsprechenden Kosten zu tragen. Wenn man das bisherige Prinzip aufgäbe, dann würden Festzinskredite für Verbraucher „deutlich teurer werden“, das heißt auf ein Niveau steigen wie in anderen europäischen Ländern, in denen es keinen Vorfälligkeitsausgleich gibt. Widerrufsrecht: Geht es um fehlerhafte oder unterlassene Informationen seitens der Bank, so gilt bisher ein zeitlich unbeschränktes Widerrufsrecht für den Kreditnehmer. Das soll nun geändert werden.
Die Frist für einen Widerruf soll nach einem Jahr und 14 Tagen enden. Für den VZBV ist das ein Unding angesichts von Verträgen mit fünf, zehn oder mehr Jahren Laufzeit, meint VZBV-Finanzreferent Frank-Christian Pauli. Für die Anbieter gebe es dann viel weniger Druck, sorgfältig zu arbeiten und die Kunden zu informieren.
Zufrieden zeigt sich dagegen die Kreditwirtschaft. Ihr Spitzenverband hält es für richtig, dass die Regierung das Widerrufsrecht für künftige Immobiliendarlehen befristen will. Bei Verträgen für andere Dienstleistungen existiere „bereits seit längerem eine entsprechende Regelung, die sich in der Praxis bewährt hat“, stellt die Organisation fest. Die Befristung bringe mehr Rechtssicherheit. Der Bundestag berät erstmals am 25. September über den Gesetzentwurf. In den drei Lesungen des Parlaments wird sich zeigen, ob die eine oder andere Seite die Abgeordneten überzeugen kann. „Es gibt einen enormen Lobbydruck der Banken“, warnt Dorothea Mohn vom VZBV schon einmal vorab.
Vorfälligkeitsentschädigung: Was Verbraucher beachten müssen
Ausgleich: Der vorzeitige Ausstieg aus einer Immobilienfinanzierung kann teuer werden. Denn die Banken fordern dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung. Die Berechnung dieses Ausgleiches ist kompliziert und nicht immer korrekt: Laut Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sind zwei Drittel der Abrechnungen nachteilig für Verbraucher. Wer seinen Immobilienkredit vorzeitig kündigen muss, sollte folgende Punkte beachten:
Widerruf: Bei rechtlich zweifelhaften Klauseln im Vertrag können Verbraucher ihren Kredit auch noch Jahre später widerrufen, ohne dass sie eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen. Darauf weist die Verbraucherzentrale Hamburg hin. Gerade in älteren Verträgen sind die Widerrufsbelehrungen oft nicht rechtens – in neun von zehn Fällen kamen die Verbraucherschützer zu diesem Ergebnis. Sondertilgung: Wenn ein Vertrag eine Klausel zur Sondertilgung enthält, muss dies das Kreditinstitut bei der Berechnung der Entschädigung berücksichtigen, sagen Experten. Da der Kunde einen Teil des Kredits außerplanmäßig zurückzahlen darf, kann das Kreditinstitut über die Laufzeit nicht mit den vollen Zinsgewinnen rechnen.
Aufschlag: Kreditinstitute berechnen in der Regel für ein mögliches Ausfallrisiko pauschale Aufschläge auf den Zinssatz. Kündigt ein Kunde seinen Kredit vorzeitig, entfällt dieser Faktor. Die ersparten Risikokosten müssen in der Ausgleichsberechnung auftauchen und das tatsächliche Risiko abbilden. Grundsätzlich sei eine Kontrolle schwierig, meinen Verbraucherschützer, da die Gerichte die für die Berechnung verwendeten internen Zahlen der Banken kaum überprüfen können. Text/foto: dpa