Der Krisenkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) ist nach Einschätzung von Volkswirten in Deutschland weitgehend wirkungslos. „Auch das jetzt beschlossene Maßnahmenpaket zeigt, dass die EZB letztlich immer nach demselben Muster agiert“, schrieb Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in einer Analyse.
„Die EZB ist leider nicht bereit hinzunehmen, dass Wirtschaftswachstum und Inflation nach dem Platzen einer Schuldenblase naturgemäß niedrig sind.“ Indem sie ihre Geldpolitik immer weiter lockere, helfe sie kaum der Wirtschaft, sondern heize in erster Linie die Preise von Wertpapieren und Immobilien an. „Das Finanzrad dreht sich immer schneller, die Realwirtschaft im Euroraum kommt kaum von der Stelle.“ DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier schrieb in seiner Analyse von „Aktionismus der EZB“ und einem „immer hektischer erscheinenden Eingreifen“ der Notenbank. Als Kernproblem macht er aus, dass der Reformprozess in den beiden wichtigsten Euro-Partnerländern Deutschlands, Frankreich und Italien, „bereits in den Anfängen stecken geblieben“ sei. Die EZB hatte am Donnerstag den Leitzins überraschend auf das neue Rekordtief von 0,05 Prozent gesenkt. Gleichzeitig beschloss der EZB-Rat den Ankauf von Kreditpaketen und Pfandbriefen, um die lahmende Kreditvergabe endlich in Schwung zu bringen. Die Mini-Inflation und die dümpelnde Konjunktur nähren die Sorge, dass die Eurozone auf eine Deflation zusteuert. Das ist eine gefährliche Abwärtsspirale aus Preisverfall und schrumpfender Wirtschaft.
Nach Bielmeiers Einschätzung ist die Deflation im südlichen Währungsraum indes eine Folge des Sparkurses in der Schuldenkrise und damit kaum zu verhindern. „Die EZB befürchtet, dass sich diese in den großen Euro-Ländern schnell festsetzen könnte und dann nur noch schwer zu bekämpfen wäre.“ Auch der frühere Bundesbank-Präsident Axel Weber hält die Anti-Krisenmaßnahmen der EZB für problematisch. „Letztlich wird damit Haftung sozialisiert“, sagte Weber dem „Handelsblatt“ und auf die Steuerzahler abgewälzt.