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Eibelstadt
Experte: Angst vor Künstlicher Intelligenz ist falsch
Künstliche Intelligenz hat im Alltag Schwachstellen, meint der mainfränkische Experte Alexander Schmitt aus Würzburg. Wie wichtig er KI findet, überrascht.
Hirn trifft Roboter: Künstliche Intelligenz kann enorm viel - aber nicht überall im Alltag, meint der mainfränkische Experte Alexander Schmitt.
Foto: Getty Images | Hirn trifft Roboter: Künstliche Intelligenz kann enorm viel - aber nicht überall im Alltag, meint der mainfränkische Experte Alexander Schmitt.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:31 Uhr

Künstliche Intelligenz ist wichtig und wird unseren Alltag verändern - doch KI hat auch Schwachstellen: Davon ist der aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg) stammende KI-Unternehmer Alexander Schmitt überzeugt. Der 25-Jährige wird Ende September auf der Konferenz mainIT in Eibelstadt über das Thema sprechen. Vorab verrät er im Interview, wo die KI-Schwachstellen sind und warum man vor KI keine Angst haben sollte.

Frage: Sie werden in Kürze auf der Konferenz „mainIT“ über die Achillesferse der Künstlichen Intelligenz sprechen. Wo gibt es denn diese Achillesferse?

Alexander Schmitt: Die größte Achillesferse ist, dass man die Künstliche Intelligenz als die Allzweckwaffe für das Lösen aller informationstechnischen Problemen darstellt. Man sollte vielmehr sehr genau überlegen, wo KI ansetzt. Und das ist in klar abgegrenzten Bereichen immer möglich.

Bitte konkreter, mit Beispielen: Wo ist KI sinnvoll, wo sollte man die Finger davon lassen?

Schmitt: Nicht einsetzen sollte man KI für etwas, was generalisierte Intelligenz benötigt. Das heißt: Wann immer ich Kreativität oder Problemlösungsfähigkeiten benötige - wie bei stark abwechslungsreichen Tätigkeiten –, überall da macht es keinen Sinn.

Der KI-Experte Alexander Schmitt aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg) ist davon überzeugt, dass man vor Künstlicher Intelligenz keine Angst haben muss. Schmitt spricht Ende September auf der Konferenz 'mainIT' in Eibelstadt.
Foto: Bert Willer/birdyfoto | Der KI-Experte Alexander Schmitt aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg) ist davon überzeugt, dass man vor Künstlicher Intelligenz keine Angst haben muss. Schmitt spricht Ende September auf der Konferenz "mainIT" in Eibelstadt.

Also Kunst, Handwerk – meinen Sie das?

Schmitt: Genau. In kreativen, abwechslungsreichen Tätigkeiten hat KI heute ihre Limitationen.

Und wo ist der Einsatz von KI sinnvoll?

Schmitt: KI ist im Endeffekt Statistik und Mathematik. Deswegen macht KI immer dann Sinn, wenn ich konkret definierte Ziele habe. Zum Beispiel die Vorhersage von Wartungsintervallen. Das ist möglich, denn hier habe ich konkrete Inputs und konkrete Outputs. Wenn ich aber kreativ-schöpferisch sein will, dann funktioniert KI nicht.

Klingt alles nicht sehr euphorisch. Wird KI also überschätzt?

Schmitt: Ich bin der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, KI mehr als ein statistisches Analyse-Tool zu betrachten. KI ist eine revolutionäre Technologie - nichts anderes als die Dampfmaschine in der ersten oder die Informations- und Kommunikationstechnologie in der dritten industriellen Revolution. KI wird sehr viel verändern und einen großen Einfluss auf unseren Alltag haben. Aber sie muss sinnvoll und mit Bedacht eingesetzt werden. Deswegen: Ja, der Hype um KI ist meiner Meinung nach zu groß.

Experte: Angst vor Künstlicher Intelligenz ist falsch

Geht es um Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz, werden gern viele Begriffe in einen Topf geworfen. Es fallen zudem immer wieder Unternehmer auf, die schon von Industrie 4.0 sprechen, wenn ihre Mitarbeiter auf dem Smartphone die Arbeitszeit erfassen oder wenn im Werk einfach ein Computer steht. Es herrscht also offenbar viel Halbwissen. Und jetzt KI. Ist in der Wirtschaft schon fundiertes Wissen darüber verbreitet? Wissen Unternehmer ausreichend, um was es bei KI geht?

Schmitt: Ich glaube, es wurden schon die ersten wichtigen Schritte gemacht, KI zu verstehen und zu integrieren. Noch wichtiger ist, dass die Forschung KI transparent und verständlich kommuniziert. Und, dass die Informatik das Zepter in die Hand nimmt, ihr Wissen richtig in die verschiedenen Anwendungsgebiete einzubringen.

Alexander Schmitt
Der 25 Jahre alte IT-Unternehmer wuchs in Giebelstadt auf und ging im nahen Würzburg auf das Friedrich-Koenig-Gymnasium. Nach seinem Management- und Informatik-Studium an der Technischen Universität München befasste er sich während eines USA-Aufenthaltes sowie in Forschungsarbeiten unter anderem mit Datentechnologie und Künstlicher Intelligenz. Schmitt ist Geschäftsführer von Mergerspot, einem Unternehmen mit 13 Mitarbeitern in München, das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz öffentlich zugängliche, also im Internet hinterlegte Daten von Unternehmen analysiert. Die Ergebnisse legt Mergerspot jeweils dem Auftraggeber vor, damit er gezielter Entscheidungen zum Beispiel bei der Suche nach Kooperationspartnern treffen kann. Das Unternehmen gründete Schmitt zusammen mit Julian Wolz (Würzburg) und Ingo Mayer (Augsburg).

In Mainfranken ist der Mittelstand sehr stark. Was muss denn ein Unternehmer mit beispielsweise 100 Mitarbeitern tun, um bei KI einzusteigen?

Schmitt: Ich bin davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren KI in ganz spezifischen, kleinen Anwendungen – vor allem auch in den mittelständischen Unternehmen – Einzug halten wird. Wichtig ist, dass die Unternehmer aktiv werden und Wert darauflegen, Daten vorzubereiten. Denn das neue Gold sind Daten. Wenn man es als Unternehmer schafft, seine Daten ordentlich vorzubereiten und auf Basis dieser Daten mit IT-Dienstleistern zusammenarbeitet, dann ist das das richtige Vorgehen.

Daten vorbereiten, Daten sammeln: Welche Fachkräfte brauchen die Unternehmer dafür? Welche Berufe sind also gefragt – gerade im Mittelstand?

Schmitt: Es wird auch im Mittelstand immer wichtiger, dass Mitarbeiter ausgebildet werden, die mit Informations- und Kommunikationstechnologie umgehen können. Beispielsweise klassische Informatiker. Meiner Meinung nach braucht es da nicht immer den Experten mit einem Doktortitel. Es ist vielmehr wichtig, dass man die grundlegenden Handgriffe lernt. Die wichtigen Schritte können aber auch mit der  bestehenden Belegschaft erfolgen. Das kann zum Beispiel bedeuten, alle Papierdokumente auf online abgelegte Dokumente umzustellen. Das ist schon mal eine wichtige Vorbereitung, um in Zukunft mit all diesen Daten Mehrwert generieren zu können.

Ihr Unternehmen Mergerspot zählt zu jenen, die mit KI Daten fremder Unternehmen analysieren und damit Geschäfte machen. Wie passt das mit Datenschutz zusammen? Wie sehr steht Ihnen der Datenschutz gar im Weg?

Schmitt: Es ist wichtig, immer transparent mit Daten umzugehen. Ich finde die Datenschutzregeln in Europa sehr wichtig und in den Grundprinzipien gut. Schwierig wird es in der konkreten bürokratischen Ausgestaltung. Trotzdem ist es wichtig, dass personenbezogene Daten geschützt werden. Deshalb nutzt Mergerspot personenbezogene Daten absichtlich nicht.

Ist KI ein Jobkiller? Wer muss Angst haben?

Schmitt: Was uns als Menschen ausmacht, ist die Fähigkeit zu generalisieren. Unser Gehirn ist bei spezifischen Aufgaben nicht der beste oder schnellste Rechner, aber wir sind unfassbar flexibel einsetzbar. Deswegen wird KI kein Jobkiller in Summe sein. Was passieren wird, ist, dass ständig wiederholende, manuelle Tätigkeiten eliminiert werden. Das ist meiner Meinung nach nicht schlecht. Wir können durch Maschinen den Menschen dazu befähigen, Aufgaben zu lösen, in denen er gut ist – die also Kreativität und Problemlösungsdenken erfordern.

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Müssen wir Menschen Angst davor haben, dass sich KI und Roboter selbstständig machen, dass sie uns einmal beherrschen?

Schmitt: Definitiv nein. Nach heutigem Stand der Forschung ist Künstliche Intelligenz nur ganz limitiert in einzelnen Fachgebieten anwendbar. Eine generelle Intelligenz, in der in Horrorszenarien und Science-Fiction Filmen immer gesprochen wird, ist heute in Forschungsergebnissen in keiner Weise erkennbar. Wenn man sagt, KI wird die Welt beherrschen, dann schürt das sehr viel Angst. KI ist im Grunde genommen Statistik und Mathematik. Haben wir davor Angst, dass Statistik und Mathematik die Welt beherrscht? Ich glaube, nein.

Wir hatten erst das Internet, dann Industrie 4.0, jetzt KI. Wie heißt das nächste Top-Thema? Was kommt noch?

Schmitt: Das ist eine enorm spannende Frage. Ich glaube, es wird zu einer Symbiose aus mehreren digitalen Themen kommen. Es kann also sein, dass wir immer mehr Algorithmen in unseren Alltag einbetten. Jetzt haben wir zum Beispiel das Smartphone, in Zukunft wird es hingegen gar keine Interaktion mit Hilfe eines externen Gerätes geben. Datenbrillen sind ja schon entworfen worden. Der nächste Schritt könnten Linsen sein, die direkt ins Auge eingesetzt werden, um Informationen zu verarbeiten. Das ist gar nicht mehr so weit. Die Integration von Daten und digitalen Themen in unseren Alltag wird in den nächsten Jahrzehnten immer mehr Einzug halten.

Konferenz mainIT: KI als Thema
Alexander Schmitt wird am Donnerstag, 26. September, bei der Konferenz main.IT in Eibelstadt (Mainparkring 4) zum Thema KI und ihre Schwächen sprechen. Weitere Redner gehen auf die Potenziale Künstlicher Intelligenz für Unternehmen sowie artverwandter digitaler Werkzeuge ein. So beleuchtet Christian Papay als Leiter der Digitalvermarktung bei der Main-Post die "qualitative Reichweite durch Targeting und Yield Management". Die Konferenz (10 bis circa 17 Uhr) wird vom der iWelt AG (Krick Verlag) ausgerichtet. Weitere Details sowie Anmeldung unter www.main.it

Unsere Serie zeigt, was sich in Sachen KI vor allem in Mainfranken tut. Hintergrund ist das vom Bundeswirtschaftsministerium ausgerufene "Wissenschaftsjahr 2019". Nächste Folge: Wie man mit der Analyse fremder Unternehmensdaten Geschäfte machen kann - am Beispiel einer Würzburger Firma. Die Serie finden Sie auch hier: www.mainpost.de/ki

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