Europas Autos sollen die saubersten der Welt werden. Gegen den Willen der Hersteller hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes am Mittwoch neue Zielmarken für CO2-Emissionen gesetzt. So dürfen Pkw bis 2020 im Schnitt nur noch 95 Gramm Kohlendioxid je gefahrenem Kilometer in die Luft pusten, bis 2025 muss dieser Wert auf 68 bis 78 Gramm sinken. Ab 2015 sind zunächst 130 Gramm erlaubt.
„Das ist eine echte Revolution und eine enorme Herausforderung für die europäischen Hersteller“, sagte der CDU-Europapolitiker Thomas Ulmer, Berichterstatter des Parlaments für dieses Thema. Tatsächlich würde die EU, wenn sie sich auf diese Zielmarken verständigen kann, zum globalen Marktführer: Nirgendwo sonst sind derzeit vergleichbar strenge Grenzwerte in Sicht.
Sind die Vorgaben zu hart?
Doch es gibt schon Krach. Vor allem die deutschen Autobauer, die viele schwere Premiumfahrzeuge im Programm haben, wollen derartige Vorgaben nicht akzeptieren, solange die technische Machbarkeit nicht mit einer „unabhängigen Folgenabschätzung“ festgestellt wurde, betonte Ivan Hoodac, Generalsekretär des europäischen Herstellerverbandes Acea. Und auch Energiekommissar Günter Oettinger, vor seiner Tätigkeit in Brüssel Ministerpräsident von Baden-Württemberg, sprach sich dafür aus, „erst eine Strategie zu entwickeln, die auch praktisch umsetzbar ist“.
Der Widerstand scheint verständlich: Die Untergrenze des jetzigen Vorschlags würde faktisch eine Halbierung der Emissionen bedeuten, für die Hersteller schwerer Pkw ein besonderes Problem. Ihnen schlägt das Parlament aber eine Brücke: Die genannten Grenzwerte gelten nämlich nicht für jedes einzelne Fahrzeug, sondern sind eine Richtschnur für den Flottendurchschnitt. So kann ein Hersteller auch künftig Autos mit höherem CO2-Ausstoß anbieten, wenn er gleichzeitig Kleinwagen, die weit unter der Vorgabe liegen, im Programm hat.
Besonders lukrativ ist dieser Weg für jene Unternehmen, die auch Elektro- oder Hybridmotoren einbauen. „Super Credits“ heißt diese Anrechnung im EU-Jargon. Konkret: Für jeden Fahrzeugtyp mit weniger als 50 Gramm Kohlendioxid bekommt ein Autobauer 2,5 Gramm gutgeschrieben (bis 2015), ab 2016 sind es dann nur noch 1,5 Gramm – die Regelung endet 2024. „Das ist ein echter Anschub, um marktfähige und lukrative Alternativantriebe zu entwickeln“, sagt Berichterstatter Thomas Ulmer.
„Testzyklus“ nicht realitätsnah
Zugleich wollen die EU-Parlamentarier aber auch mit den bisherigen Messungen aufräumen. Die Angaben für den sogenannten „Testzyklus“ seien nämlich eine „Traumwelt“ und entsprächen nicht der Realität, betont Karl-Heinz Florenz (CDU), Umweltexperte der konservativen Fraktion im Straßburger Plenum. Wenn der Verbraucher sich entscheiden solle, „ob er ein Auto kauft, das zwar 700 Euro teurer in der Anschaffung ist, aber 300 bis 400 Euro pro Jahr an Treibstoff spart, müssen wir ihm auch verlässliche Daten an die Hand geben“. Bisher würden teilweise Fahrzeuge als 5-Liter-Auto beworben, die im Alltag sieben Liter verbrauchten. Das soll abgestellt werden.
Nach der Entscheidung des Umweltausschusses beginnen nun die Gespräche mit den Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission. Ob die geplanten niedrigsten Grenzwerte der Welt diese Beratungen überleben, das wollte am Mittwoch in Brüssel noch niemand voraussagen.