Microsoft-Chef Steve Ballmer ist auf die EU-Kommission nicht gut zu sprechen. Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren muss der Amerikaner tief in die Firmenkasse greifen, weil sich der US-Software-Gigant nicht an die Vorschriften des Binnenmarktes gehalten hat. Nach fast 900 Millionen Euro Zwangsgeld 2008 verhängte die Brüsseler Kommission am Dienstag eine weitere 561-Millionen-Euro-Strafe. Der Vorwurf: unlautere Geschäftspraktiken.
Dabei beschäftigt der „Krieg“ um den Internet-Explorer, Microsofts hauseigene Software für den Zugang zum Netz, die Streithähne schon seit 2004. Die Entwickler des weltweit meist verkauften Windows-Betriebssystems für Personal Computer hatten den Browser in ihre Software integriert. In Brüssel sah man darin eine Benachteiligung von Wettbewerbern wie Netscapes Firefox, Opera, Googles Chrome oder Apples Safari. 2010 kam ein erster Kompromiss zustande: Wer einen neuen Computer erwarb und startete, konnte in einem Zusatzfenster auswählen, welchen Browser er installierte. Damit schien der Streit vergessen, bis Microsoft große Teile seines Windows-7-Systems ohne dieses Auswahlfenster auf den Markt brachte. Rund 15 Millionen Nutzer wurden mit dem Internet Explorer zwangsbeglückt.
Bei Windows war ein Fenster vergessen worden. In Redmond gab man tatsächlich eine Panne bei der Programmierung als Grund an und schickte ein Entschuldigungsschreiben nach Brüssel: „Wir bedauern zutiefst, dass dieser Fehler geschehen ist“, hieß es. Doch Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia mochte nicht an einen Zufall glauben. Schließlich passierte der Rückfall zu dem Zeitpunkt, als Microsoft mit Umsatz-Einbrüchen zu kämpfen hatte. Man habe 2009 die „von Microsoft angebotenen Verpflichtungen akzeptiert“, sagte Almunia gestern. „Die Nichteinhaltung ist ein schwerer Verstoß“. Dabei blieb die Kommission mit ihrer Strafforderung weit unter dem möglichen Maß für derartige Bußgelder, die bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes reichen können. In den vergangenen Tagen war von Summen bis zu 7,4 Milliarden Euro die Rede gewesen. Allerdings hatte sich das Software-Unternehmen an den Ermittlungen durch Zuarbeit beteiligt und bei der neuesten Version seines Betriebssystems (Windows 8) auch wieder das Auswahlfenster integriert.
Das Bußgeld wandert nun in den EU-Etat und sorgt für eine Minderung der Beitragszahlungen aus den Mitgliedsstaaten. Während sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble also über den Ausgang des Verfahrens freuen kann, dürfte Microsoft-Chef Steve Ballmer in diesen Tagen noch grimmiger als sonst dreinschauen. Sein Jahres-Bonus wurde mit Blick auf das „Browser-Problem“ gekürzt.