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EU-Urheberrechtsreform: Muss das Internet gerettet werden?
In ganz Europa wird momentan darüber diskutiert, ob und wie die EU-Urheberrechtsreform umgesetzt werden soll. Drei Artikel des Entwurfs sind besonders umstritten.
Teilnehmer einer Demonstration in Berlin gegen die Urheberrechtsreform. 
Foto: Christoph Soeder, dpa | Teilnehmer einer Demonstration in Berlin gegen die Urheberrechtsreform. 
Rebecca Wolfer
Rebecca Wolfer
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:07 Uhr

"Rette dein Internet" - europaweit wird in diesen Tagen unter diesem Motto demonstriert. Youtuber beklagen, dass sie vielleicht nie wieder Videos hochladen können, und Wikipedia war am Donnerstag aus Protest für einen Tag nicht verfügbar: Viele Internetnutzer sind seit Monaten beunruhigt. Der Grund dafür ist, dass im Europäischen Parlament bald darüber entschieden wird, ob die geplante Urheberrechtsreform umgesetzt wird. Aktuell diskutieren Politiker über mögliche Kompromisse. Die wichtigsten Infos im Überblick:

Was sehen die umstrittenen Artikel des Gesetzentwurfs vor?

Die 2016 von der EU-Kommission vorgeschlagene Reform soll das Urheberrecht an das Internet-Zeitalter anpassen. Besonders über Artikel 13 wird diskutiert: Er sieht vor, dass nicht mehr die Nutzer für das Material verantwortlich sind, das sie hochladen. Stattdessen sollen Plattformen wie Youtube, Instagram oder Google News in Zukunft haften, wenn hochgeladenes Material gegen das Urheberrecht verstößt.

Ein weiterer umstrittener Artikel des Gesetzesentwurfs ist Artikel 11, das Leistungsschutzrecht für Verlage. Dieses Gesetz trat in Deutschland bereits 2013 in Kraft und sollte dazu führen, dass Internetseiten wie Google News Geld an Autoren oder Verlage zahlen müssen, wenn sie Online-Artikel weiter verbreiten wollen. 

In Artikel 12 wird gefordert, dass Verlage an den Ausschüttungen beteiligt werden, die Verwertungsgesellschaften an Autoren zahlen. Mit diesen Ausschüttungen sollen Autoren einen finanziellen Ausgleich dafür bekommen, dass ihre Beiträge kopiert und geteilt werden können. 

Welche Folgen könnte die Umsetzung von Artikel 13 haben?

Momentan bauen Nutzer beispielsweise fremde Videos in ihre eigenen ein oder hinterlegen Filme mit urheberrechtlich geschützter Musik. Wenn die Urheber der Musik oder der Videos klagen, müssten in Zukunft also die Plattformen dafür haften und eventuell viel Geld zahlen. Um das zu verhindern, wäre es möglich, dass sie es komplett verbieten, Material hochzuladen. Kritiker befürchten, dass das das Ende von Internetseiten wie Youtube in Europa sein könnte.

Ein anderer, oft genannter Vorschlag wäre der Einsatz von Uploadfiltern: Diese sollen automatisch scannen, ob hochgeladene Dateien urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Solche Filter müssten dann von allen Plattformen, die Uploads erlauben, verwendet werden.

Gibt es alternative Vorschläge?

Die CDU schlägt für die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland statt Uploadfiltern die Regel "Bezahlen statt Blocken" vor: Generalsekretär Paul Ziemiak möchte, dass Plattformen für urheberrechtlich geschützte Werke Lizenzen erwerben. Die Urheber würden also Geld verdienen, wenn ihr Material verbreitet wird. Um geschützte Werke zu erkennen, würde jeder Upload mit einem sogenannten digitalen Fingerabdruck versehen werden. Durch diese Vereinbarung müssten Plattformen nicht mehr überprüfen, ob ein Upload gegen das Urheberrecht verstößt.

Unterhalb einer zeitlichen Grenze sollen Uploads von Lizenzgebühren frei sein. Der Rechteinhaber könne seine Rechte auch abtreten oder verlangen, dass sein Werk von der Plattform gelöscht wird.  

"Der Vorschlag ist leider sehr unkonkret", bemerkt Aleksander Paravac, der Vorsitzende des Würzburger Vereins "Nerd2Nerd", der sich mit Netz- und Computerthemen beschäftigt. "Weder die Höhe der Lizenzgebühren noch der zeitliche Rahmen, in dem das Hochladen lizenzfrei wären, sind definiert." 

Worüber wird aktuell in der Politik diskutiert?

Eigentlich haben CDU, CSU und SPD den Einsatz von Uploadfiltern im Koalitionsvertrag abgelehnt. Trotzdem stimmte die Regierung dem Vorschlag auf europäischer Ebene zu. Daraufhin gab es Kritik – unter anderem von der Jungen Union.

Der Vorschlag von Generalsekretär Ziemiak wird in den Parteien nun positiv aufgenommen. "Die massiven Proteste in Deutschland und in der EU wirken und haben offensichtlich zu einem Umdenken innerhalb der CDU geführt", sagt Tabea Rößner, die Sprecherin für Netzpolitik der Grünen. Allerdings betont SPD-Politiker Sören Bartol: "Die SPD hatte im Europäischen Parlament bereits im Sommer vorgeschlagen, den Grundsatz 'Bezahlen statt blocken' in der Urheberrechtsreform zu verankern." Auch Justizministerin Katarina Barley habe sich dafür stark gemacht. Der Vorschlag sei von der Union im Europaparlament abgelehnt worden. "Auch deshalb ist der Vorschlag von Ziemiak jetzt unglaubwürdig oder kommt zumindest reichlich spät", sagt Bartol.

Wann findet die endgültige Entscheidung statt?

Die endgültige Abstimmung im Europäischen Parlament findet in der Plenarsitzung vom 25. bis 28. März statt. In den ersten beiden Lesungen stimmten die Abgeordneten bereits für den Vorschlag, deshalb ist es wahrscheinlich, dass er bald final unterzeichnet wird und danach in nationales Recht umgesetzt werden muss. Der Prozess läuft bereits seit 2016, die EU-Kommission und der Ministerrat haben dem Entwurf schon zugestimmt.
Paravac hofft, dass die Proteste einige Politiker zum Umdenken gebracht haben. Sollten sie dem Entwurf in der letzten Lesung doch nicht zustimmen, wäre der Antrag wahrscheinlich vorerst gescheitert und würde erst nach der Europawahl neu verhandelt werden.

Am Samstag, 23. März, wird europaweit gegen Artikel 13 und Uploadfilter demonstriert. Auch in Würzburg findet eine Demonstration statt: Sie startet um 15 Uhr am Hauptbahnhof und endet am Marktplatz.

 
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