VW gerät wegen seiner manipulierten Diesel-Fahrzeuge immer mehr unter Druck. Dabei hatte der Autobauer doch so sehr gehofft, am heutigen Dienstag wenigstens schon einmal die US-Front begradigen zu können. Denn offenbar steht ein Durchbruch für eine außergerichtliche Einigung unmittelbar bevor. Angeblich will das Unternehmen zehn Milliarden Euro zur Entschädigung der 480 000 falsch eingestellten Fahrzeuge mit Zwei-Liter-Motoren bereitstellen und weitere fünf Milliarden Euro in zwei Umwelt-Fonds einzahlen. Das ergäbe eine Entschädigung von 7000 Euro pro „entstelltem“ Diesel-Fahrzeug.
Das US-Wirtschaftsblatt „Wall Street Journal“ geht sogar von bis zu 10 000 Euro für eine Wiedergutmachung aus. Die betroffenen VW-Kunden in Europa können von solchen Summen nur träumen. Doch nun bekommen sie Rückendeckung von der Brüsseler EU-Kommission. „Es ist nicht meine Rolle, Volkswagen Ratschläge zu erteilen, aber die Konsumenten in Europa anders zu behandeln als die US-Konsumenten ist kein Weg, das Vertrauen wiederzuerlangen“, erklärte Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska am Wochenende.
Ihre für den Justizbereich zuständige Kollegin Vera Jourova ging sogar noch weiter: „Die Kommission will den Austausch von Informationen erleichtern und die Koordination fördern“, heißt es in einem Brief, den Jourova am Freitag verschickt hat und in dem sie eine Vernetzung der europäischen Verbraucherschützer anregt. Es wäre der Schritt, den man in Wolfsburg fürchtet. Bisher hat der Konzern eine Ausweitung der Entschädigungszahlungen auf Europa, wo 8,5 Millionen Fahrzeuge betroffen sind, zurückgewiesen.
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VW-Chef Matthias Müller verwies dazu auf die Dimension möglicher Ansprüche. Sein Haus habe 16,5 Milliarden Euro für die Wiedergutmachung bereitgestellt. Mit den absehbaren Zahlungen in den Vereinigten Staaten wäre der Fonds aufgebraucht. Doch das dürfte nicht der wahre Grund sein, vermutet man beim Verbraucherzentrale Bundesverband. „Das Unternehmen versucht, sich gegenüber den einheitlich auftretenden amerikanischen Aufsichtsbehörden reumütig zu zeigen“, sagte eine Sprecherin. „Man tut alles, um horrende Wiedergutmachungen zu vermeiden, die durch Sammelklagen erstritten werden könnten. Das ist in Europa anders.
“ Tatsächlich stünden die europäischen Kunden zersplittert und ohne gemeinsame Vertretung dem Konzern gegenüber. Zwar gebe es in Spanien – so die Sprecherin weiter – den Versuch, Sammelklagen zu organisieren, in den Niederlanden entstand bereits eine Art Stiftung, um die Interessen der Geschädigten wahrzunehmen. „Generell aber gibt es in Europa fast nur Einzelfälle, die nicht die gleiche Durchschlagskraft haben“, sagen die Verbraucherschützer. Der oft gehörte Verweis auf angebliche Rechtsunterschiede zwischen den USA und der EU spiele kaum eine Rolle. Und auch die Darstellung, dass VW aufgrund der strengeren amerikanischen Grenzwerte nicht mit einer Reparatur bzw. Neujustierung der Software die aktuellen Grenzwerte schaffen könne und deshalb nur die US-Kunden entschädigen müsse, sei „weit hergeholt“.