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LUXEMBURG
EU-Richter stärken Rechte von Aktionären
Das Wissen der Insider: Der frühere DaimlerChrysler-Konzernchef Jürgen Schrempp während einer Hauptversammlung im Jahr 2004.DPA
Foto: Foto: | Das Wissen der Insider: Der frühere DaimlerChrysler-Konzernchef Jürgen Schrempp während einer Hauptversammlung im Jahr 2004.DPA
dpa
 |  aktualisiert: 28.06.2012 19:45 Uhr

An der Börse ist Wissen bares Geld wert. Wer Aktien zu früh oder zu spät verkauft, macht Verluste. Der Europäische Gerichtshof stärkt nun die Rechte der Anleger. Unternehmen müssen Insider-Informationen demnach früher öffentlich machen. Das zeige der Fall Schrempp: Ein börsennotierter Konzern muss den Richtern zufolge seine Anleger über wichtige Personalentscheidungen bereits dann informieren, wenn er sie vorbereitet – und nicht erst, wenn sie schon getroffen sind. Dieses Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag im jahrelangen Rechtsstreit über den spektakulären Abgang von Daimler-Chef Jürgen Schrempp im Jahr 2005 gesprochen (Rechtssache C-19/11).

Die Entscheidung dürfte weitreichende Folgen für das Recht von Anlegern auf Information haben. Nach Ansicht der Richter muss eine Aktiengesellschaft Informationen, die den Börsenkurs beeinflussen können, nicht erst beim förmlichen Beschluss, sondern schon vorher bei Zwischenschritten mitteilen (Ad-hoc-Mitteilung).

„Ein Zwischenschritt, der einer Entscheidung eines börsennotierten Unternehmens vorausgeht, kann eine Insider-Information darstellen, über die die Finanzmärkte informiert werden müssen“, erklärten die Richter. Dies betreffe „auch Schritte, bei denen man mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft eintreten werden“.

Geklagt hatte ein Aktionär, der sich 2005 vom Autokonzern Daimler zu spät über Schrempps Ausscheiden informiert fühlte. Der Anleger hatte seine Aktien vor dem Rücktritt Schrempps im Juli verkauft – dabei stieg der Kurs der Daimler-Aktie nach Schrempps Ausscheiden stark an. Da Schrempp seine Rücktrittsabsicht bereits am 17. Mai mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden besprochen hatte und nach und nach weitere Personen bei Daimler davon erfuhren, meinte der Kläger, das Unternehmen habe auch die Öffentlichkeit früher informieren müssen. Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart war der Kläger 2007 gescheitert. Die europäischen Richter gaben dem Aktionär im Grundsatz recht. Den konkreten Fall muss nun der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, wo die Klage anhängig war. Die Karlsruher Richter müssen dabei auch die Frage möglichen Schadenersatzes für Aktionäre klären. Der Autobauer Daimler konnte die Konsequenzen aus dem Urteil zunächst nicht abschätzen. Eine Unternehmenssprecherin sagte in Stuttgart, der Richterspruch liege noch nicht vor: „Wir werden die Urteilsgründe dann analysieren. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof auf der Grundlage des EuGH-Urteils entscheidet.“

Mit seiner Auslegung präzisiert der Gerichtshof die EU-Richtlinie über Insidergeschäfte im Sinne von mehr Anlegerfreundlichkeit. Sie verpflichtet Aktiengesellschaften dazu, Insider-Informationen ohne Zögern zu veröffentlichen – in Form von Ad-hoc-, Pflicht- beziehungsweise Börsenmitteilungen. Laut EU-Richtlinie müssen diese „präzisen“ und „nicht öffentlichen“ Information öffentlich gemacht werden, wenn sie von Bedeutung für die Aktienkurse sein können.

 
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