Wachstum hat einen neuen Namen: Europäischer Fonds für Strategische Investitionen (EFSI). Das Wortungetüm verschleiert, was sich Jean-Claude Juncker von diesem nahezu einzigartigen Fördertopf verspricht: einen gewaltigen Anschub für die europäische Wirtschaft, 2,1 Millionen neue Jobs und vor allem für die ökonomisch angeschlagenen Süd-Länder einen Rettungsanker. Am Mittwoch dieser Woche wurden die letzten Weichen gestellt: Das Projekt kann ab September anlaufen. Doch die Euphorie ist längst verflogen. Denn die gewaltig klingende Investitionsoffensive kommt inzwischen nur noch als eine bestenfalls unsichere Förderidee daher. Erst gingen die Mitgliedstaaten auf Abstand und waren – wie Deutschland – höchstens bereit, ihre nationalen Förderbanken wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit rund acht Milliarden Euro einzuschalten. Dann gelang es der Kommission, gerade mal fünf Milliarden ihrer Hausbank, der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg, loszueisen – plus 16 Milliarden Euro an Bürgschaften, die man an anderer Stelle kürzte.
Das macht 21 Milliarden und ist noch weit von der zugesagten Summe entfernt. Die soll nämlich von privaten Investoren kommen, für die bereitgestellten 21 Milliarden Euro bestenfalls eine Art Ausfallabsicherung bedeuten. Privates Geld müsste aus einem europäisch verbürgten 15 real verfügbare Euro machen, um den gewünschten Effekt zu erreichen. Zwar gab es im Europäischen Parlament alle Unterstützung, die Juncker brauchte.
Experten aber zeigten sich enttäuscht: „Premium-Kredite statt Subventionen“ lautet ihr Vorwurf, die „Nummer“ sei kaum mehr als ein lukratives Instrument für Staatsfonds und große Versicherungen, nahezu risikofrei ihr Geld anzulegen. Ob sie es aber wirklich tun, ist offen. Denn noch fehlt das wichtigste Puzzle-Teil: die Liste der Projekte, die private Geldgeber auch reizen könnten. Zwar haben die Mitgliedstaaten inzwischen ihre Vorschläge eingereicht. Auch Deutschlands Wunschliste umfasst über 80 Vorhaben – von Windparks über Autobahn-Ausbauten bis hin zur Förderung von Hochschulen. Doch „nachhaltige Investitionen, die Jobs schaffen“, wie es der Kommission vorschwebt, sollten anders aussehen. Entsprechende Vorschläge sind bislang Mangelware.
Mit ihnen steht und fällt jedoch der gesamte Plan, von dem Kritiker in Brüssel bereits sagen: „Wachstum per Dekret ist Scheitern nach Plan.“ Fachleute der Kommission wiederum kontern, die Mitgliedstaaten hätten vor allem solche Projekte vorgeschlagen, die ohnehin angepackt werden müssten, deren Finanzierung man aber nach Brüssel schieben wolle. Als ein Beispiel von vielen gilt der Breitband-Ausbau, der in Deutschland längst durch das nationale Aktionsprogramm beschlossen worden war. Als der Juncker-Plan geboren wurde, beeilte man sich, die entsprechenden Vorhaben nach Brüssel als förderungswürdige Projekte zu melden.
Tatsächlich hatte die Kommission ein Problem: Es gab eigentlich kein Geld für das, was der frisch gebackene Kommissionschef im November 2014 vorstellte. Den Mitgliedstaaten hatte man gerade erst eine Schuldenbremse verordnet, die EU selbst darf sich nicht verschulden. Also kratzte man die wenigen Finanzmittel aus anderen Töpfen zusammen und rückte von dem Gedanken an ein neues Instrument der direkten Subventionierung ab. Heraus kam die Idee, aus 21 Milliarden Euro 315 Milliarden zu machen. Doch die Zweifel, ob das Programm jemals diese Dimension erreichen wird, sind groß.