An Aktien kommen Anleger kaum vorbei. Zumindest nicht, wenn sie Rendite erzielen wollen. Für Einsteiger sind sogenannte ETFs geeignet. ETF (Exchange Traded Fund) heißt übersetzt „börsengehandelter Fonds“. Diese Fonds bilden einen Index, wie den deutschen Aktienindex (Dax), den US-Börsenindex Dow Jones oder den Weltaktienindex MSCI World nach. Steigt der Index, steigt der ETF. Fällt der Index, fällt der ETF. Einen Fondsmanager, der aktiv eingreift, gibt es nicht. Doch für wen ist die Anlageform geeignet und was müssen Einsteiger beachten? Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick:
ETFs bilden im Gegensatz zu Einzelaktien einen größeren Marktbereich ab. Das heißt, die Anleger vertrauen ihr Geld nicht nur wenigen einzelnen Aktiengesellschaften an und hoffen auf deren positive Geschäftsentwicklung, sondern sie verteilen ihr Kapital auf viele verschiedene Unternehmen gleichzeitig und vermindern somit das Risiko. Außerdem werden ETFs börsentäglich gehandelt. „Das bedeutet, dass die Sparer jederzeit an ihr Geld kommen, indem sie ihre Anteile einfach wieder an der Börse verkaufen“, erklärt Markus Latta vom Verbraucherservice Bayern aus Bamberg. Somit müssen Anleger dem Finanzwirt zufolge im Vergleich zu einem Festgeld keine starren Laufzeiten oder Kündigungsfristen einhalten.
Einsteigern ins Börsengeschäft rät der Verbraucherservice Bayern zu einem Börsenindex, der einfach zu verstehen ist und das Risiko sehr breit streut. Ein solcher Index ist der „MSCI World“. In diesem Index sind rund 1600 Aktien von mittleren und großen Unternehmen aus 23 Industrieländern gelistet, allerdings mit einem Schwerpunkt in den USA. Eine noch größere Streuung erreicht man mit dem „MSCI All Country World“ oder dem „FTSE All World“. Hier investieren Anleger neben den bekannten Industrieländern noch zusätzlich in die Aktienwerte der sogenannten Schwellenländer, wie beispielsweise Indien oder China. So reduziert man Latta zufolge sein Risiko, da das Geld gleichzeitig auf tausende unterschiedliche Unternehmen verteilt wird. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit, von den globalen Aktienmärkten zu profitieren. Franz-Josef Eichhorn, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS), rät bei der Anlage darauf zu achten, dass es sich um sogenannte physische ETF handelt. Bei diesen wird das Geld unmittelbar in den Aktien angelegt, die im jeweiligen Index enthalten sind.
ETFs verringern zwar durch ihre breitere Streuung das Anlagerisiko im Vergleich zu einzelnen Werten, dennoch sind sie Börseninvestments und unterliegen den marktüblichen Schwankungen. „Aus diesem Grund eignen sich ETFs nicht für die kurzfristige Geldanlage oder als Tagesgeldersatz“, rät der Finanzexperte. Bei einer Anlage in Fonds, wie zum Beispiel ETFs, sollte davor immer eine Vermögensanalyse durchgeführt werden, bei der die Anlageziele abgesteckt werden. Daraus ergeben sich dann auch der Anlagehorizont und die dementsprechende Auswahl der geeigneten ETF-Fonds. ETFs eignen sich laut Latta vor allem für den längerfristigen Kapitalaufbau, wie zum Beispiel die private Altersvorsorge.
Bei der Anlage in Aktien-ETFs rät der Experte des Verbraucherservice Bayern zu einem Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren. Denn Marktbeobachtungen hätten gezeigt, dass die Märkte sich nach einem massiven Börsencrash im Durchschnitt in rund vier bis sechs Jahren wieder erholt haben und dann ihr Vorkrisenniveau erreicht haben. „Der letztjährige Corona-Crash ist bis dato wohl eine Ausnahme und wird wohl als kürzester Börsencrash in die Geschichte eingehen. Denn hier haben die Aktienmärkte ihr Vorkrisenniveau im Großen und Ganzen bereits zum Jahreswechsel wieder erreicht“, sagt Markus Latta. "Ein langer Anlagehorizont ist ein ganz wesentlicher Faktor bei der Entscheidung für ein Engagement im Aktienmarkt", sagt Eichhorn. "Das heißt konkret, dass ich das investierte Geld zehn und mehr Jahre lang nicht benötige", so der Experte. So könne man Risiken vermeiden, indem man einen Kursrutsch aussitzt und durchschnittliche Renditen von jährlich sieben bis neun Prozent erzielen. Bei dem häufig unterschätzten Effekt des Zinseszinseffekts erwirtschaften die einmal erzielten Erträge über viele Jahre wieder neue Erträge. Die Vermögensmehrung ist dabei umso mächtiger, je länger der Anleger investiert bleibt. "Um das volle Potenzial des Zinseszinseffekts rauszuholen sollte man in sogenannte thesaurierende Fonds investieren, da sie die Erträge nicht ausschütten, sondern einbehalten und sofort wieder anlegen", so Eichhorn. Erst beim Verkauf des Fonds werde das einbezahlte Kapital plus die Dividenden ausgeschüttet.
Geldanlegen an der Börse sei immer auch eine Art „in der Glaskugel lesen“, so der Bankkaufmann. „Keiner kann mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, wie sich die Märkte in Zukunft entwickeln werden und wann der nächste Crash kommt. In unsicheren Marktlagen bietet es sich an, dass die Anleger ihr Kapital auf mehrere Tranchen aufteilen und diese je nach Lage zeitversetzt investieren“, empfiehlt Latta. Ein Beispiel: Wenn jemand 30 000 Euro in Aktien-ETFs investieren möchte, könnte er 10 000 Euro sofort investieren, die nächsten 10 000 Euro im Herbst und die restlichen 10 000 Euro Anfang des kommenden Jahres. Bei regelmäßigem Sparen spielt es keine Rolle, wann damit begonnen wird. Experten sprechen vom Durchschnittskosteneffekt. "Da es de facto unmöglich ist, den optimalen Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt zu finden, sollte der Vermögensaufbau im Aktienmarkt zeitlich gestreut werden", sagt auch Eichhorn. Der Wirtschaftswissenschaftler rät dazu, die Hälfte des Geldes, das man in ETFs anlegen möchte, sofort zu investieren. Und die andere Hälfte über einen monatlichen Sparplan innerhalb von zwei Jahren anzulegen. Grundsätzlich gelte dem Wirtschaftswissenschaftler zufolge: "An den großen Weltbörsen kann man sich keine Informationsvorsprünge zunutze machen und schon gar nicht als Privatanleger. Selbst Börsenexperten erstellen regelmäßig unzutreffende Prognosen."
Um sich mittel- bis langfristig ein eigenes Vermögen aufzubauen, bieten sich ETF-Sparpläne an. Diese werden mittlerweile von vielen Anbietern kostenfrei angeboten und beginnen oft bei einer monatlichen Sparrate von 25 Euro. „Damit kann man auch mit einem schmaleren Budget mit dem eigenen Vermögensaufbau beginnen und langfristig von der Entwicklung der globalen Aktienmärkte profitieren“, sagt Latta.
ETFs können bei Banken oder Onlinebrokern gekauft werden. Anleger müssen dafür ein Wertpapierdepot eröffnen, was dem Finanzexperten zufolge im Optimalfall kostenfrei sein sollte. Darüber lässt sich dem Institut dann die Kauforder erteilen. "Über Aktionsangebote kann in ETF-Sparpläne monatlich ohne Kaufgebühren Geld angelegt werden", so Eichhorn. Wer grundsätzlich kein Onlinebanking machen möchte oder sich ohne Beratung unsicher fühlt, für den seien ETFs nicht zu empfehlen. Herkömmliche Fonds, die auch in Filialbanken angeboten werden, könnten dann eine Alternative sein.
Den Banken vor Ort verursacht die persönliche Beratung hohe Fixkosten. "Notgedrungen können deshalb nur Anlageprodukte mit Ausgabeaufschlag und relativ hoher jährlicher Managementgebühr verkauft werden, um eine kostendeckende Beratung zu ermöglichen", sagt Professor Eichhorn. ETFs sind Latta zufolge sehr kostengünstige Anlageprodukte, was sich für die Anleger positiv auswirkt. Allerdings verdienen gerade Filialbanken kaum am Verkauf dieser börsengehandelten Indexfonds. In der Regel bekommt eine Bank beim Verkauf eines aktiv gemanagten Aktienfonds von der Fondsgesellschaft eine Provision, die mit einem Aufschlag finanziert wird, den der Kunde beim Kauf der Fondsanteile bezahlen muss. Bei ETFs ist das anders. Einen prozentualen Aufschlag gibt es dafür nicht. Bei ETFs wird lediglich eine Ordergebühr verlangt. Im Normalfall ist diese Gebühr aber bei weitem geringer als der Ausgabeaufschlag von gemanagten Fonds.