Der mittelfränkische Getränkehersteller Steigerwald hat ein massives Problem: Weil in dieser Woche eine Glasscherbe und Glassplitter in einer Flasche gefunden wurden, hat die Firma all ihre Produkte vom Markt genommen. Der Betrieb steht still.
Lieferungen gehen vor allem nach Franken
Das Familienunternehmen liefert nach eigenen Angaben vor allem an Händler im Raum Würzburg-Nürnberg-Bamberg und muss innerhalb von knapp zwei Wochen die zweite Rückrufaktion bewältigen. Sie gilt nach Behördenangaben für Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen. Im ersten Fall war es nach Firmenangaben um einen nicht näher beschriebenen Fremdkörper in einer Flasche gegangen.
Glasscherbe wurde in grüner Mineralwasserflasche gefunden
Betroffen vom neuesten Rückruf sind alle Mineralwasser-Sorten von Steigerwald, zudem die Marken Schwarzenbergquelle, Owalis, Marktquelle und elements sowie die Süßgetränke von Steigerwald, Owalis und Marktquelle. Die Glasscherbe wurde nach Unternehmensangaben in einer der grünen Mineralwasserflaschen der Marke Steigerwald Naturell (Mindesthaltbarkeitsdatum: 30. November 2018) gefunden.
Flaschen können im Handel zurückgegeben werden
„Aus Gründen des konsequenten Verbraucherschutzes ruft Steigerwald alle Lebensmittel zurück“, war am Donnerstag auf einer Internetseite des Betriebes in Oberscheinfeld (Lkr. Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) zu lesen. Demnach können Kunden die genannten Steigerwald-Getränke „in allen Verkaufsstellen“ zurückgeben und bekommen – auch ohne Kassenbon – den Kaufpreis erstattet. Steigerwald handelt nach eigenen Angaben nur mit Glasflaschen.
Beide Fälle wurden von Unterfranken gemeldet
Im ersten Fall konsultierte ein Mann aus dem Kreis Würzburg die Behörden, weil er in einer Steigerwald-Flasche einen Fremdkörper gefunden hatte. Einige Tage später erschien eine Frau aus dem Kreis Kitzingen im Landratsamt in Neustadt/Aisch, weil sie ebenfalls in einer Steigerwaldflasche eine Glasscherbe entdeckt hatte.
Wie der Sprecher des Landratsamtes, Rainer Kahler, auf Anfrage weiter sagte, haben sich in den vergangenen Tagen Vertreter seiner Behörde sowie des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit „zwei bis drei Mal“ bei Steigerwald umgeschaut. „Es ist aber noch offen“, wie die Fremdkörper in beiden Fällen in die Wasserflaschen gekommen waren.
Händler: Nicht klar, wie Steigerwald jetzt zahlt
Die Rückrufaktionen betreffen nicht nur Endkunden, sondern auch Getränkehändler in der Region wie Manfred Trunk in Winterhausen (Lkr. Würzburg). Der Groß- und Einzelhändler hat nach eigenen Worten aufgrund des ersten Rückrufs von vor zwei Wochen etwa 180 Steigerwald-Kästen zur Seite gestellt. Die Information sei von Steigerwald per Fax eingetroffen, so Trunk. Die Paletten mit den Kästen habe ein Lkw-Fahrer von Steigerwald am Mittwoch abgeholt. Ob und wie er nun an sein Geld kommt, kann Trunk nur vage sagen: „Ich gehe davon aus, dass ich jetzt eine Gutschrift bekomme.“ Näheres sei ihm nicht klar.
Überraschend, dass Steigerwald gleich das ganze Sortiment rausnimmt
Der aktuelle Rückruf wirft einige Fragen auf. So jene, warum Steigerwald wegen eines Einzelfundes von Scherben gleich sein komplettes Sortiment zurücknimmt. Das sei unüblich, sagte ein Anwalt in München, der das Unternehmen in dem Fall vertritt, namentlich aber nicht genannt werden will. Üblich sei vielmehr, bei Einzelfunden nur die entsprechende Charge vom Markt nehmen zu lassen. Was Steigerwald zum großen Rundumschlag bewogen habe, könne er nicht sagen. Das Unternehmen gab am Donnerstag selbst keine Stellungnahme ab.
Nicht klar, wie hoch der Schaden ist
Wie viele Flaschen aktuell zurückgerufen wurden und wie groß der Schaden für Steigerwald ist, war dem Anwalt am Donnerstag ebenfalls nicht klar. Die Produktion in Oberscheinfeld stehe schon seit dem ersten Rückruf am 24. Februar still, was Landratsamtssprecher Kahler bestätigte. Bei dieser ersten Aktion habe Steigerwald 60 000 Kästen zurückgeholt, so der Anwalt auf Anfrage. Der Markt dürfte deshalb „schon leergefegt sein“, weshalb bei der Aktion von dieser Woche wohl nicht mehr viele Kästen anfallen. Wie die Scherben und Splitter in die Mineralwasserflasche gekommen sei, „lässt sich nicht klären“. Alle zurückgerufenen Getränkeflaschen würden bei Steigerwald ausgeleert.
Derzeit werde firmenintern geprüft, wann die Produktion wieder starten kann, sagte der als Unternehmenssprecher fungierende Anwalt weiter. Steigerwald hat nach eigener Darstellung 15 Mitarbeiter und setzt vier Lastwägen für die Auslieferung der Getränke ein.
Aktuelle Rückrufaktionen
Mehrmals pro Woche müssen in Deutschland Lebensmittel wegen Mängeln aus dem Handel genommen werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bündelt im Internet die Rückrufaktionen. Aktuelle Fälle:
• Fischerstolz White Tiger Shrimps Aioli, 150-Gramm-Packung, verkauft bei Lidl. Grund des Rückrufes: Die Zutat Senf (Allergen) wurde nicht deklariert.
• K-Classic Königsberger Klopse in Kapernsauce, tiefgefroren, 450 Gramm, vertrieben über Kaufland. Grund: Salmonellen nachgewiesen.
• Lohrs Biscoff Brotaufstrich Crunchy, 380-Gramm-Glas, verschiedene Chargen. Grund: Metallteile im Aufstrich.
• Diamond Vodka, 0,7-Liter-Flasche, Hersteller unbekannt, importiert von Indo Trust GmbH. Grund: Gefahr einer Methanolvergiftung.
• Kartoffelsalate der Marken Dolli und Feldmühle, diverse Chargen. Grund: Gefahr von Fremdkörpern im Produkt.
• Dinkel-Aktiv-Brot des Backhauses Nahrstedt, 500-Gramm-Laib. Grund: unter anderem Messerteile im Brot.