Die globale Öl- und Gasförderung wird laut einer Studie der Expertengruppe Energy Watch Group schneller zurückgehen als gedacht. „Der Welt geht die billige und reichliche Verfügbarkeit von fossilen Energieträgern aus“, sagte Hauptautor Werner Zittel. Neue Methoden zur Öl- und Gasgewinnung wie das umstrittene Fracking schaffen laut den Wissenschaftlern kaum Abhilfe.
Die Energy Watch Group (EWG) setzt sich mit ihren Ergebnissen deutlich von den Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) ab, die bis zum Jahr 2030 sogar einen Anstieg der weltweiten Ölförderung erwartet. „Anders als die IEA nehmen wir die belastbaren Zahlen etwas ernster“, sagte Zittel bei der Vorstellung der Studie. Er warf der Energiebehörde vor, „Spekulationen“ auf Grundlage der optimistischsten Ausbeutungsprognose zu betreiben. Bereits im Jahr 2030 werde die weltweite Erdölförderung 40 Prozent unter den Förderwerten des vergangenen Jahres liegen, heißt es in der Studie. Demnach konnten neue Fördermethoden bislang lediglich den Rückgang bei der konventionellen Erdölgewinnung ausgleichen.
Bei diesen Methoden handelt es sich um Bohrungen in der Tiefsee, um die Ausbeutung von Teersanden und das sogenannte Fracking, bei dem Öl und Gas mit hohem Aufwand aus Schiefergestein gelöst werden. Die neuen Methoden sind allerdings teurer, energieintensiver und riskanter als die konventionelle Förderung. Insbesondere in den USA hat das Fracking einen neuen Boom ausgelöst. Tatsächlich werde das Fracking wegen der begrenzten Gesteinsvorkommen aber nur „kurzzeitig einen deutlichen Förderbeitrag in den USA“ liefern, sagte Zittel. Auch die noch immer als vielversprechend geltenden Tiefsee-Reserven vor Brasiliens Küste oder im Golf von Mexiko seien wegen des hohen technischen Aufwands bisher kaum erschlossen worden. Die Explosion der BP-Plattform Deepwater Horizon im Jahr 2010 habe gezeigt, dass die Ölindustrie „an den Grenzen des technisch Machbaren arbeitet“, sagte Zittel.
„Die Konzerne haben kein Interesse daran, die Ressourcenlage als verknappt darzustellen“, sagte Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, bei der Vorstellung der EWG-Studie. Die Verbraucher würden bewusst über künftige Preissteigerungen im Unklaren gelassen. Der Ölpreis habe sich innerhalb von 15 Jahren verzehnfacht, sagte Zittel. Bereits in den nächsten fünf Jahren sei in Deutschland ein Spritpreis von zwei Euro möglich. Beim Erdgas sei voraussichtlich 2020 das Maximum erreicht, danach gehe die Fördermenge zurück. Bei der Kohle sehen die EWG-Forscher die Lage ähnlich drastisch: So hätten sich die Weltkohlereserven seit 1990 halbiert. Die weltweiten Vorkommen reichten bei stagnierendem Verbrauch noch für etwas mehr als hundert Jahre, heißt es in der Studie. Sollten sich die Ergebnisse der Wissenschaftler bewahrheiten, stehen der Weltwirtschaft drastische Verteilungskämpfe bevor. Denn die EWG-Studie geht davon aus, dass die Verfügbarkeit der Energieträger auf dem Weltmarkt noch drastischer zurückgeht als die Fördermenge selbst, weil die Förderstaaten weniger exportieren werden. Fell plädierte dafür, verstärkt auf erneuerbare Energien zu setzen. Anders als die fossilen Brennstoffe stünden diese „in riesigen Mengen“ zu Verfügung.
tt
Der deutsche Erdöl-Produzent Wintershall hat in der
dänischen Nordsee eine Lagerstätte mit geschätzt 100 Millionen Barrel
(je 159 Liter) Rohöl gefunden. Der für diese Region bedeutende Fund
sei rund 337 Kilometer nördlich von Den Helder (Niederlande) und 278
Kilometer westlich von Esbjerg (Dänemark) bei einer sogenannten
Explorationsbohrung gemacht worden, teilte die BASF-Tochter am Montag
in Kassel mit. Zum Vergleich: In Mittelplate, der einzigen
Offshore-Erdöl-Plattform in der deutschen Nordsee, werden jährlich
etwa 7,5 Millionen Barrel Rohöl gefördert.
Nun muss untersucht werden, wie viel Rohöl aus der neuen
Lagerstätte auch wirtschaftlich gefördert werden kann. Zudem zieht
Wintershall eine mögliche gemeinsame Entwicklung mit dem
nahegelegenen Feld Ravn in Betracht.
Wintershall produziert in dem Gebiet derzeit weder Erdöl noch
Erdgas. „Der Hibonite Fund ist ein bedeutender Schritt in Richtung
Produktion in der dänischen Nordsee“, sagte Explorations-Vorstand
Martin Bachmann.