Die Finanzmarktkrise und Brüssel haben geschafft, was Landespolitiker und Banker seit Jahrzehnten verhindern: Die Zahl der deutschen Landesbanken sinkt. Mit der Zerschlagung der WestLB zum 30. Juni ist Nordrhein-Westfalen das erste große Bundesland ohne eigene Landesbank. Mit dem Düsseldorfer Bankkonzern verschwindet erstmals seit Ausbruch der Krise in Deutschland vor fünf Jahren eine Großbank. Das Konzept sieht folgendes vor: Das Sparkassengeschäft und das Mittelstandsgeschäft der WestLB kommen bei einem der Schwesterinstitute unter, bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Sie übernimmt von der WestLB diese Aktivitäten mit einer Bilanzsumme von rund 40 Milliarden Euro und rund 450 Mitarbeiter.
Die Sparkassen-Familie stellt für die unter das Helaba-Dach kommenden Bankteile eine Milliarde Euro Kapital bereit. Alle anderen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der WestLB werden auf die „Bad Bank“ übertragen, die Schrottpapiere der NRW-Landesbank abwickelt.
Die restliche WestLB mit ihren Tausenden Mitarbeitern wird in eine Servicegesellschaft umgewandelt. Unter dem Namen Portigon Financial Services bietet sie Dienstleistungen wie die Bestandspflege von Krediten an. Ein Großkunde wird die „Bad Bank“ für WestLB-Papiere sein. Die Servicegesellschaft wird dem Land NRW gehören, das eine Milliarde Euro bereitstellt. Der Bund lässt zwei Milliarden seiner drei Milliarden Euro stillen Einlage stehen. Die Steuerzahler und die Sparkassen müssen bei dem Abriss Milliardenlasten schultern. In anderen Bundesländern heißt das Motto Umbau statt Zerschlagung. „Ich bin davon überzeugt, dass der Landesbankensektor in der jetzigen Aufstellung langfristig nicht überlebensfähig ist“, sagte der letzte WestLB-Chef Dietrich Voigtländer der „Wirtschaftswoche“. Um Kapazitäten abzubauen, seien Fusionen am sinnvollsten. „Bis heute werden überkommene Strukturen einzementiert, und regionale Interessen bleiben im Vordergrund“, kritisierte Voigtländer. Auch Beobachter sehen ungelöste Probleme bei Landesbanken. „Ich kann nicht erkennen, dass das Ausscheiden der WestLB eine substanzielle Veränderung der Bankenlandschaft beziehungsweise der Landesbankenstruktur ist“, sagt Stefan Best von der Ratingagentur Standard & Poor's. Den meisten Landesbanken ist der Zugang zu stabilen Geldströmen von Privatkunden versperrt – auch weil die Sparkassen als Miteigentümer dieses Endkundengeschäft gerne selbst beackern. Die Probleme sind gigantisch: Die mit Milliarden Steuergeldern gestützte BayernLB arbeitet ihre Vergangenheit vor Gericht auf. Die HSH Nordbank hofft nach einer von Wettbewerbshütern verordneten Schrumpfkur auf frischen Wind durch die Finanzierung von Windparks. Auch anderen Schiffsfinanzierern wie der NordLB bereitet das Nischengeschäft Probleme. Selbst die mit Abstand größte deutsche Landesbank, die LBBW, kämpft – obwohl gut im baden-württembergischen Mittelstand verankert – mit Altlasten in ihrer Bilanz. Heinrich Haasis, damals Sparkassenpräsident, verurteilte im Mai 2010 die Zockerei in vielen Landesbanken: „Reden wir nicht drumherum: Auch aus unserer Gruppe sind einzelne Häuser den Verlockungen schneller Gewinne auf internationalen Finanzmärkten erlegen.“ Der Wegfall der Staatsgarantien 2005 sorgte dafür, dass sich Landesbanken in einer Art Torschlusspanik mit billigem Geld eindeckten. Vieles wurde riskant investiert, die meisten Institute mussten gestützt werden. Der neue Sparkassenpräsident, Bayerns Ex-Finanzminister Georg Fahrenschon, kam gleich zu seiner Amtseinführung im Mai 2012 auf die Dauerbaustelle zu sprechen: „Die Landesbanken sind dabei, sich von Geschäften zu befreien, die keine realwirtschaftliche Grundlage haben. Das muss fortgesetzt werden.“ Andererseits halten selbst Kritiker den Landesbanken zugute, sie förderten den Mittelstand Hand in Hand mit den Sparkassen. Allerdings gibt es seit langem die Mahnung: Dafür würde ein großer Dienstleister für die Sparkassen reichen.