Kleidung, Lebensmittel oder Haushaltsgeräte: Einkaufen ist Teil unseres Alltags. Insofern spielen die Geschäfte des Einzelhandels eine große Rolle in der regionalen Wirtschaft. Welche genau, das zeigt ein Branchenreport, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt am Freitag präsentierte. Er enthält überraschende Fakten.
1. Mainfrankens Einzelhandel ist ein Milliardengeschäft
Trotz einer Talfahrt der Konjunktur wegen der Corona-Krise machten die Geschäfte des mainfränkischen Einzelhandels im vergangenen Jahr immer noch 5,4 Milliarden Euro Umsatz. Das ist ungefähr so viel, wie zum Beispiel der Lohrer Industriebetrieb Bosch Rexroth in dieser Zeit in Europa, Afrika, Australien und Asien insgesamt erwirtschaftete.
Mit großem Abstand dominierte 2021 die Einkaufsstadt Würzburg (1,3 Milliarden Euro Umsatz) vor dem Landkreis Main-Spessart (633 Millionen) und der Stadt Schweinfurt (597 Millionen) den regionalen Einzelhandel. Alle anderen Kreise lagen zwischen 424 und 557 Millionen Euro.
2. Pro-Kopf-Umsatz: Würzburg ragt bundesweit heraus
Mit jenen 1,3 Milliarden Euro in 2021 nimmt die Stadt Würzburg den Spitzenplatz in Deutschland ein, wenn man diesen Umsatz pro Kopf (Einwohnerinnen und Einwohner) umrechnet. Das meldete die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg bereits im vergangenen September. Auf den Plätzen folgen die Städte Passau, Zweibrücken – und Schweinfurt.
3. Mainfrankens Einzelhandel ist ein Job-Motor
Gut 394.000 Menschen hatten 2021 in Mainfranken einen klassischen Job und galten damit als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Etwas mehr als 28.000 davon waren in Mainfrankens Einzelhandel angestellt.
Von einer coronabedingten Delle in 2020 abgesehen ist diese Zahl laut IHK-Report seit 2017 permanent gestiegen. Damals hatte es knapp 27.000 Beschäftigte in den Einzelhandelsgeschäften gegeben, also rund 6 Prozent weniger. Zum Vergleich: 28.000 Beschäftigte im regionalen Handel – das ist mehr als das Dreifache dessen, was der größte kommerzielle Arbeitgeber Mainfrankens, der Autozulieferer ZF, an Personal in Schweinfurt hat.
4. Sogkraft: Schweinfurt besser als Würzburg
Zwar macht der stationäre Einzelhandel in Würzburg mehr Umsatz, doch Schweinfurt zieht im Vergleich deutlich mehr Kundschaft aus seinem Umland an. Wie die IHK auf Grundlage von Daten der Nürnberger Agentur MB Research mitteilte, hat Schweinfurt eine Zentralitätskennziffer von 208,7. Würzburg hingegen kommt auf 182,6. Die mainfränkischen Landkreise kommen auf Werte zwischen 108,2 (Rhön-Grabfeld) und 59,6 (Würzburg).
Die Kennziffern sollen zeigen, wie viel Kaufkraft eine Stadt oder ein Landkreis an sich zieht, wie attraktiv der Einzelhandel dort also für das Umland ist. Der Mittelwert für Mainfranken liegt laut IHK bei 102,7.
5. Gründung von Einzelhandelsgeschäften: Jedes Jahr fast 700 mehr
"Eine positive Entwicklung" sieht die IHK, was die Gründungen von Einzelhandelsgeschäften in den vergangenen zehn Jahren und über alle Branchen hinweg angeht. Demnach wurden in dieser Zeit 71.462 Läden neu eröffnet, 64.475 wurden abgemeldet. Pro Jahr seien somit in der Region durchschnittlich 699 Geschäfte hinzugekommen.
6. Populär geworden: ein Laden im Nebenberuf
Getragen wird das Plus bei den Neugründungen von der Tatsache, dass der IHK zufolge die Eröffnung von Geschäften im Nebenerwerb seit 2019 sprunghaft gestiegen ist. Waren es damals in Mainfranken 582 Händlerinnen und Händler dieser Art, lag die Zahl 2021 bei 858. Das entspricht einer Zunahme von 47 Prozent. Indes ist die Zahl der Neugründungen im Vollerwerb (2021: 359) seit 2016 nahezu unverändert geblieben.
Mit anderen Worten: In Mainfranken ist es für Menschen populär geworden, zusätzlich zum Hauptjob – zum Beispiel in einem Büro – einen Laden zu haben. IHK-Experte Christian Seynstahl sieht darin auch eine gestiegene Zahl von kleinen Online-Händlern. Das zeige den Strukturwandel im Einzelhandel.