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MÜNCHEN
Die Wirtschaft sieht schwarz
Bergeweise Probleme: Ein Arbeiter zwischen Haufen von Eisenerz-Pellets in einem Stahlwerk.DPA
Foto: Foto: | Bergeweise Probleme: Ein Arbeiter zwischen Haufen von Eisenerz-Pellets in einem Stahlwerk.DPA
dpa
 |  aktualisiert: 10.05.2023 11:02 Uhr

Sparprogramme bei Siemens, Daimler und Deutsche Bank, Kurzarbeit bei Bosch oder Opel, Stellenabbau bei RWE – die deutsche Wirtschaft sieht härteren Zeiten entgegen. Bei den Unternehmen läuft es nicht mehr so rund wie noch im Frühjahr, und die Erwartungen rutschen allmählich in den Keller: So pessimistisch wie jetzt war die deutsche Wirtschaft seit Anfang 2009 nicht mehr.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex hat seine Talfahrt im September fortgesetzt – zur großen Überraschung vieler Bankvolkswirte, die nach vier Monaten eigentlich eine Wende erwartet hatten. Denn der Euro-Rettungsschirm kann nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts endlich starten. Und die Europäische Zentralbank (EZB) will den Euro in jedem Fall retten – koste es, was es wolle. Die Märkte hat das beruhigt.

Die Manager bisher nicht: Die vom Ifo-Institut befragten Unternehmen stuften ihre Lage und ihre Geschäftsaussichten im kommenden halben Jahr noch einmal schlechter ein. „Die Exportindustrie schaut skeptisch in die Zukunft“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. Gut zehn Prozent der deutschen Exporte gingen im vergangenen Jahr in die Krisenländer Italien, Spanien, Portugal und Griechenland. „Die EZB hat Druck von den Krisenländern genommen.

Aber für die deutschen Firmen hat sich aktuell noch nichts geändert“, erklärte Wohlrabe. „Ehe Reformen greifen und die harten Fakten besser werden, das dauert eine ganze Weile.“ Bisher hat die Nachfrage aus den USA und den Schwellenländern den Rückgang in der Eurozone mehr als ausgeglichen. Aber jetzt „entwickelt sich auch China nicht mehr so“, sagte der Konjunkturexperte. Das trifft auch die deutsche Elektroindustrie, die aber dennoch gerade erst im Juli einen Exportrekord erzielte. Vor allem die Schwellenländer, aber auch die USA und Japan bestellten mehr bei deutschen Elektroanbietern.

In anderen Branchen sieht es nicht so gut aus. Die Autoindustrie sei nicht mehr so optimistisch, sagt Wohlrabe: „Die Chemieindustrie ist nicht so gut gelaufen.“ Auch in den Betrieben des Maschinenbaus habe sich die Lage eingetrübt. Allerdings hatte der Bundesverband der Maschinen- und Anlagenbauer gerade erst verhaltenen Optimismus versprüht. Die Branche traut sich in diesem Jahr ein preisbereinigtes Produktionsplus von zwei Prozent zu. Bisher war der VDMA noch von einer Stagnation ausgegangen.

Wegen der trüben Aussichten hielten sich die Firmen zuletzt aber bei den Investitionen zurück. Sie gehen auf Nummer sicher und stellen Pläne für neue Anlagen oder Bauten erst einmal zurück. Aus Sicht der Bundesbank deutet sich aber inzwischen zumindest an, dass die Investitionen der Unternehmen für neue Ausrüstungen nicht noch weiter sinken werden. Trotzdem hält sich die miese Stimmung in den Unternehmen – und schlägt sich auch bei der Stellenplanung nieder.

„Auf jeden Fall ist nicht mit einem weiteren Personalaufbau zu rechnen – eher mit einem minimalen Stellenabbau“, sagte Wohlrabe. Eine Stütze für die Wirtschaft bleibt der private Konsum. „Die Leute kaufen noch ein. Solange die Verbraucher das Gefühl haben, dass die Krise bei ihnen persönlich nicht ankommt, kaufen sie.“ Vor allem langlebige Wirtschaftsgüter seien gefragt. „Die Konsumgüterindustrie ist sehr robust“, und im Groß- und Einzelhandel lief es im September besser.

Der Ausblick allerdings trübte sich auch hier ein. Volkswirte reagierten besorgt auf die Ifo-Zahlen. Die Rezession in den Euro-Krisenländern bedrohe die deutsche Konjunktur, erklärte Bernd Hartmann von der VP-Bank. Berenberg-Volkswirt Holger Schmieding sieht die Gefahr, dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Quartal leicht ins Minus rutscht. Alexander Koch von der UniCredit dagegen warnte vor Schwarzmalerei: Die Unsicherheit wegen der Schuldenkrise zeichne ein übertrieben pessimistisches Bild. Die deutsche Wirtschaft werde bis zum Jahresende weiter leicht wachsen.

Der Ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Lange bevor sich das Auf und Ab in amtlichen Zahlen niederschlägt, bildet der seit Jahrzehnten erhobene Wert recht zuverlässig die Lage ab. Dafür befragen die Wirtschaftsforscher des Münchner Ifo Instituts einmal pro Monat rund 7000 Firmen – von kleinen Geschäften bis hin zu großen Konzernen mit Tausenden Beschäftigten. Rund ein Dutzend Fragen werden zur Einschätzung der aktuellen Lage und zu Erwartungen für die nächsten sechs Monate gestellt. Aus den Antworten werden die drei Indizes zum Geschäftsklima, zur Lage und zu den Erwartungen erstellt.

 
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