
Lebensversicherungen sind ein Klassiker der Altersvorsorge. Doch die schlechten Nachrichten reißen nicht ab: Die Assekuranzen sind wegen der Niedrigzinsen in der Bredouille und kürzen die Gewinnbeteiligung. Nun empfehlen Versicherungsmathematiker auch noch, den Garantiezins für Neuverträge ab 2015 von derzeit 1,75 auf 1,25 Prozent zu senken – in den 1990er Jahren waren es noch vier Prozent.
Spätestens, wenn Verwaltungskosten berücksichtigt werden, würde die Garantie bei neuen Verträgen nach derzeitigem Stand die Inflation nicht mehr ausgleichen. „Die Garantieleistung würde mit einem garantierten Wertverlust einhergehen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Der Garantiezins ist allerdings nur eine Komponente. Hinzu kommen weitere, wie etwa die Überschussbeteiligung.
Die Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung legen für ihre Berechnungen die Rendite von europäischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer sehr guten Bonität zugrunde, also zum Beispiel Bundesanleihen. Der Garantiezins darf höchstens 60 Prozent dieses Werts betragen. Das Problem: Seit Anleger in der Euro-Schuldenkrise in die als sicher geltenden Papiere flüchten und die Europäische Zentralbank EZB die Märkte mit günstigem Geld flutet, ist die Rendite von Staatsanleihen kräftig gesunken.
Ob der Garantiezins tatsächlich auf 1,25 Prozent gesenkt wird, entscheidet das Bundesfinanzministerium. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest.
Das Geld der Unternehmen steckt vor allem in festverzinslichen Wertpapieren. Jedes Jahr laufen alte, hochverzinste Anleihen aus. Die neuen Papiere werfen wegen der niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten kaum noch etwas ab. Die Unternehmen müssen dennoch die versprochenen hohen Renditen aus Altverträgen erwirtschaften. Die Versicherer kürzen daher die freiwillige Gewinnbeteiligung. Die Folgen für die Kunden sind schmerzhaft: 2013 sackte die laufende Verzinsung bereits deutlich unter die Marke von vier Prozent.
Als Ausweg aus dem Zinsdilemma haben mehrere Anbieter vor kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert werden den Kunden dabei nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten: Geht es bergauf, profitieren auch die Kunden; geht es bergab, sieht es für sie mau aus.
„Warum sollte ich einem jungen Anleger empfehlen, Geld in einer Lebensversicherung anzulegen? 1,25 oder 1,75 Prozent bekommt er auch bei anderen Produkten“, sagt Verbraucherschützer Nauhauser. Auch aus Sicht von Analyst Wenzel wird die klassische Lebensversicherung für Kunden immer unattraktiver. Eine weitere Senkung des Garantiezinses verstärke allerdings nur den schon bestehenden Trend.
Garantiezins
Die Verzinsung von Lebensversicherungen setzt sich vor allem aus dem Garantiezins und der Überschussbeteiligung zusammen. Mit dem Garantiezins können die Kunden nach Abzug von Vertragskosten sicher rechnen. Festgesetzt wird er vom Bundesfinanzministerium nach Empfehlungen der Deutschen Aktuarvereinigung. Seit dem Jahr 2000 wurde er schrittweise verringert und liegt derzeit bei 1,75 Prozent. Hinzu kommt die freiwillige Überschussbeteiligung der Versicherer. Doch diese ist wegen der Zinsflaute an den Kapitalmärkten in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Text: dpa