Eigentlich klingt es verlockend. Bei Staus auf der Busspur fahren, spezielle Parkplätze – das gehört zu den Plänen der Bundesregierung, um Käufern umweltfreundliche Elektroautos schmackhafter zu machen. Mögliches Erkennungszeichen: ein neues „E“ auf dem Nummernschild. Aber ob das hilft? Bisher kommt die Elektromobilität im Autofahrerland Deutschland nur langsam voran. Von einer Elektroeuphorie ist derzeit wenig zu spüren. Elektroautos sind vergleichsweise teuer, die Reichweite geringer, es gibt noch kein flächendeckendes Netz von Ladestationen. Immerhin: deren Zahl nimmt stetig zu, und die EU hat sich vor kurzem auf einen einheitlichen Ladestecker für Elektroautos geeinigt. Weltweit hat sich im vergangenen Jahr die Zahl elektrisch angetriebener Autos verdoppelt – auf rund 400 000, wie eine kürzlich veröffentlichte Analyse des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Stuttgart ergab.
Deutschland liegt nur auf Platz sieben – hinter den USA, Japan und China und auch Holland und Norwegen. In Norwegen ist das Elektroauto Tesla S mittlerweile das meistverkaufte Auto noch vor dem Golf – E-Wagen werden dort steuerlich massiv gefördert. Vorne sind laut Analyse Länder, die Kaufanreize bieten, was die Bundesregierung ablehnt. Bei den Herstellern rangiert Nissan vor General Motors und Toyota, danach kommt der US-Hersteller Tesla. Deutschland muss also aufholen, will es wie geplant Leitmarkt werden. Derzeit gibt es laut Kraftfahrt-Bundesamt rund 12 000 Elektroautos, dazu kommen 85 500 Fahrzeuge mit Hybridantrieb – das sind gerade einmal 1,6 Prozent des Pkw-Bestandes. Das Ziel der Bundesregierung: Eine Million E-Fahrzeuge bis 2020. Der derzeitige Pkw-Bestand: 43,9 Millionen.
Die deutschen Branchengrößen Volkswagen, Daimler, BMW & Co haben sich beim Thema Elektromobilität vergleichsweise lange zurückgehalten. Sie holen aber nun auf. In diesem Jahr sollen insgesamt 16 neue Elektro-Modelle aus deutscher Produktion auf den Markt kommen. Vorzeigebeispiele sind der BMW i3, der E-Smart und der Plug-in-Hybrid Ampera. Bei VW ist der Kleinwagen E-up auf dem Markt. Und in diesem Sommer folgt beim Branchenprimus der große Aufschlag: die Elektroversion des Bestsellers Golf kommt auf den Markt.
Allerdings: Elektroautos haben – auch wenn die Kosten für die Batterien sinken – stolze Preise. Der BMW i3 kostet in der Basisversion 34 950 Euro, der E-Golf 34 900 Euro. Auch wenn die Betriebskosten eines Elektrofahrzeugs geringer als die eines mit Verbrennungsmotors sind: Die Branche erwartet, dass die Nachfrage zunächst auch aus steuerlichen Gründen vor allem von Flottenkunden kommt – E-Autos als Firmenwagen. Ein weiterer Punkt bei Privatkunden ist die „Reichweitenangst“: „Das größte Vorurteil gegenüber der Elektromobilität ist die Unsicherheit, ob die Reichweite von Elektrofahrzeugen ausreicht, um das eigene Mobilitätsverhalten adäquat abzudecken“, hieß es in einem Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE), einem Beratungsgremium der Bundesregierung.
Dabei dürfte diese Sorge vor allem psychologischer Natur sein: Denn 80 Prozent der Bundesbürger legen laut NPE nur knapp 40 Kilometer täglich mit dem Wagen zurück – die Reichweite eines Elektroautos aber liegt bei 150 bis 200 Kilometer, bevor es wieder an die Steckdose muss. Der Weg für die Elektromobilität also ist noch lang – und teuer. Viel Geld nämlich dürften die Hersteller mit ihren Elektroautos zunächst nicht verdienen – das machen sie mit großen Geländewagen und schweren Limousinen. Forschung und Entwicklung aber verschlingen Milliarden. Allerdings muss die Branche alternative Antriebe vorantreiben, um die strengeren EU-Vorgaben für Verbrauch und CO2-Ausstoß zu erfüllen. Dabei ist noch unklar, welcher alternative Antrieb am Ende vorne liegt. Neben dem reinen Elektromotor oder Kombinationen mit Verbrennungsmotoren, wie Plug-in-Hybrid oder Range Extender ist auch die Brennstoffzelle, bei der Wasserstoff zu Energie wird, noch im Spiel.
Was aber bringen Elektroautos für die Energiewende? Sie seien nicht „automatisch grüner als effiziente Benziner oder Diesel“, sagt Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub VCD. Es komme maßgeblich darauf an, wie ein E-Auto betankt werde. Nur ein ausschließlich mit erneuerbaren Energien aufgeladenes Elektroauto erzeuge kein CO2. Elektroautos könnten angesichts der vergleichsweise geringen Stückzahlen nur „begrenzt“ zur Energiewende beitragen, sagt Sven Kirrmann von der Agentur für Erneuerbare Energien. Aber: Wenn die erneuerbaren Energien die wichtigsten Energiequellen seien, wären Elektroautos die ideale Ergänzung – auch weil sie als Speicher dienen können.