Deutsche Sparer müssen nun offenbar doch nicht für die Sanierung maroder Banken in anderen Mitgliedstaaten aufkommen. Die ins Stocken geratene Diskussion über eine gemeinsame Einlagensicherung aller Geldinstitute im Euroraum wird am heutigen Donnerstag durch einen Kompromiss wieder in Gang gesetzt, den Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon sogar vorab als „begrüßenswerten Richtungswechsel“ bezeichnete.
Ursprünglich hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, dass die Geldhäuser der Währungsunion bis 2024 rund 43 Milliarden Euro (0,8 Prozent der gedeckten Einlagen über 100 000 Euro) zur Seite legen sollen, um im Krisenfall Banken aus dieser Notkasse zur sanieren. Allerdings wollte man dabei auch die bestehenden Institutssicherungssysteme, die in Deutschland nicht nur die privaten, sondern auch die Sparkassen- und Raiffeisenbanken errichtet haben, in diesem europäischen Topf aufgehen lassen. In letzter Konsequenz hätte diese Vergemeinschaftung bedeutet, dass die hiesigen Sparer für Geldinstitute in anderen Ländern aufkommen müssten, sollten diese in Schwierigkeiten geraten.
Die konservative niederländische Europa-Abgeordnete Esther de Lange, die das Thema Einlagensicherung in der EU-Volksvertretung als Berichterstatterin betreut, legte am Mittwoch aber einen anderen Vorschlag vor.
Demnach würden die Häuser die Hälfte der Mittel, die sie zur Eigensicherung beiseitelegen müssen, dauerhaft in nationalen Fonds belassen. Nur 25 Prozent der anfallenden Gelder sollen in einen europäischen Topf wandern. Das restliche Viertel müsste auch nach Brüssel überwiesen werden, bliebe aber dort für den Mitgliedstaat reserviert, aus dem die Finanzmittel kommen. Diese zweite Hälfte der anfallenden Gelder stünde zwar für die gegenseitige Haftung zur Verfügung. Dieses Risiko wird aber – und auch das ist neu – durch zwei Maßnahmen zumindest gemindert, wenn nicht sogar ausgeräumt. Denn die Niederländerin besteht in ihrem 60-seitigen Papier darauf, dass bestehende oder verbliebene Risiken der Banken beseitigt werden müssen, bevor die gemeinsame Haftung beginnen darf.
Außerdem sollen die heutigen Vorschriften zur Bankenregulierung verschärft werden. Dies würde dazu führen, dass die Institute vor einem Griff in die Gemeinschaftskasse sich zunächst bei Aktionären und Gläubigern einer Pleitebank zu bedienen haben.
Als entscheidend beschreiben Brüsseler Experten einen weiteren Punkt des Vorschlags. Dabei geht es um die Frage, wie Staatsanleihen künftig abgesichert werden. Bisher brauchten die Geldhäuser solche Papiere nicht mit Eigenkapital abzusichern, was dazu führte, dass immer mehr Anleihen – besonders der Heimatländer – gekauft wurden. Dadurch kam es zu einer wachsenden Abhängigkeit zwischen den Staaten und der Geldwirtschaft. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, aber auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, drängen deshalb darauf, den Anteil von Staatspapieren in den Bankenbilanzen zumindest zu begrenzen. Das wäre ein Schritt, um Risiken zu begrenzen. „Frau de Lange lehnt eine unkontrollierte Transferunion unter Banken ab“, zeigte sich auch Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, zufrieden.
Dass dieser neue Vorschlag im Parlament mehrheitsfähig sein dürfte, scheint absehbar. Auch die Eurostaaten, die ihre Gespräche nach heftigem Krach über den Vorstoß der Kommission Ende 2015 auf Eis gelegt hatten, können wohl zustimmen. Somit hängt alles an der Frage, welchen Standpunkt die EU-Behörde einnimmt und ob sie auf diese Linie einschwenkt. Ein möglicher Starttermin könnte 2019 sein. Ab dann müssten die Banken damit beginnen, Eigenmittel beiseitezulegen, damit ab 2024 der volle Betrag verfügbar ist.