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FRANKFURT
Deutsche Banker straffrei, Rekordbußen in den USA
Glimpflich davongekommen: Die juristische Aufarbeitung der Finanzkrise in Deutschland und den USA könnte kaum unterschiedlicher sein. Experten halten aber wenig davon, das US-System zu kopieren.
Foto: Rumpenhorst, dpa | Glimpflich davongekommen: Die juristische Aufarbeitung der Finanzkrise in Deutschland und den USA könnte kaum unterschiedlicher sein. Experten halten aber wenig davon, das US-System zu kopieren.
reda
 |  aktualisiert: 22.12.2015 14:54 Uhr

Der BayernLB-Prozess lässt die Volksseele wieder kochen. Erneut sind Topmanager einer großen deutschen Bank straffrei davongekommen, obwohl das Institut unter ihrer Führung in eine Schieflage geriet und für den Steuerzahler ein Milliardenschaden entstand. So war es schon bei früheren Prozessen gegen die HSH Nordbank, LBBW und die SachsenLB. Strafrechtliches Fehlverhalten war den Managern nie nachzuweisen. Als Nächstes versucht sich die Staatsanwaltschaft am Management der in der Krise vom Staat aufgefangenen Hypo Real Estate. Allerdings ist in der Anklage von den ursprünglichen Vorwürfen wenig übrig geblieben. Ganz anders klingen da die Botschaften aus den USA. Dort werden Großbanken wegen krummer Geschäfte vor der Finanzkrise zu Milliardenzahlungen verdonnert.

Gehen Justiz und Aufsichtsbehörden in Deutschland zu milde mit den Banken um? Experten warnen vor schiefen Vergleichen. So sei es in den Prozessen gegen die Landesbank-Manager um unternehmerische Fehlentscheidungen gegangen, erläutert Bankenprofessor Martin Faust von der Frankfurt School of Finance & Management. Firmen- und Privatkunden sei kein Schaden entstanden. Das war etwa bei den US-Vergleichen wegen windiger Hypothekengeschäfte anders. Banken hatten massenhaft Immobilienkredite mit zweifelhafter Qualität weiterverkauft und Risiken verschleiert.

Die Bank of America musste deshalb zuletzt eine Strafe von fast 17 Milliarden Dollar akzeptieren. Zuvor waren bereits JPMorgan mit 13 Milliarden und die Citigroup mit sieben Milliarden zur Kasse gebeten worden. Auch die Deutsche Bank musste 1,9 Milliarden zahlen. Insgesamt hat die US-Justiz seit der Krise über 125 Milliarden Dollar von in- und ausländischen Banken eingetrieben. „Das ist sicherlich toll für die Staatskasse“, sagt Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Mit Gerechtigkeit habe das aber nicht viel zu tun, zumal die Vergleichssummen oft nur schwer nachvollziehbar seien.

So spart sich die US-Justiz langwierige Prozesse und versucht in Verhandlungen, möglichst lukrative Deals zu erreichen. „Dabei wird geschickt in der Öffentlichkeit Druck gemacht und etwa mit dem Entzug von Banklizenzen gedroht“, schildert Experte Faust. Das individuelle Fehlverhalten einzelner Banker interessiere die US-Justiz hingegen kaum. Die Zeche zahlen andere. „In den USA kaufen sich Manager auf Kosten der Aktionäre des eigenen Hauses frei“, sagt Burghof.

„Andere Länder, andere Sitten“, sagt auch die Chefin der deutschen Bankenaufsichtsbehörde BaFin, Elke König. Sie halte wenig davon, dass sich Institute mit hohen Zahlungen für Fehler freikaufen könnten. König setzt auf Prävention statt Repression.

Dabei helfen auch Bußgelder, die seit der Finanzkrise schon deutlich erhöht wurden. Auch für Pflichtverletzungen von Managern ist das Strafrecht mittlerweile verschärft worden. Um das aber durchzusetzen, gebe es in der Justiz oft große Defizite, bemängelt Burghof. „Gerade bei Staatsanwaltschaften benötigen wir dringend mehr Experten für die immer komplexeren Wirtschaftsthemen.“

Angesichts dieser Probleme und der immer globaler werdenden Bankgeschäfte plädiert Bankenfachmann Faust für größere Lösungen. „Letztlich brauchen wir ein internationales Gremium, das Fehlverhalten von Banken sanktioniert.“ Der Zustand, dass Einzelstaaten mehr oder weniger willkürlich Banken bestrafen können, sei nicht tragbar. „Das droht die Banken zu überfordern und schadet damit auch den Heimatländern.“

Nach der Milliardenstrafe der USA gegen die Großbank BNP Paribas wegen Verstößen gegen Handelssanktionen hat Frankreich angekündigt, die juristische Aufarbeitung beim nächsten G 20-Gipfel im Dezember zum Thema zu machen – eine Einigung ist aber unwahrscheinlich.

 
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