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WÜRZBURG
Deutsche Bank soll WVV ein Drittel der Verluste zahlen
Die Deutsche Bank soll ein Drittel der Verluste des Würzburger Kommunalunternehmens WVV aus Spekulationsgeschäften übernehmen. Zu dem Urteil, das die Bank zur Zahlung von 960 000 Euro verurteilt, kam das Landgericht Würzburg am Montag in einer mit Spannung erwarteten Entscheidung.
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 17.10.2017 12:34 Uhr

In den karg möblierten Sälen der alten Köster-Klinik – die während der mehrjährigen Umbauphase den Großteil der Zivilabteilung des Landgerichts beherbergt – geht es gewöhnlich ruhig zu. Selten drängeln sich Fernsehkameras so dicht wie am Montagvormittag. Doch da ging es um eine Entscheidung mit erheblicher Sogwirkung. Denn bundesweit klagen in vergleichbaren Fällen rund ein Dutzend von Kommunen oder deren Tochterunternehmen gegen das Geldinstitut um Summen bis zu 50 Millionen Euro.

Man hätte eine Stecknadel fallen hören, als die Vorsitzende Richterin Helga Twardzik um elf Uhr die Entscheidung verkündete: Die Deutsche Bank hat nach Auffassung des dreiköpfigen Gerichts über die Risiken solcher Swap-Geschäfte nicht genug aufgeklärt, ehe sie das Geschäft mit den Würzburger Versorgungs- und Verkehrsbetrieben (WVV) abschloss. Sie soll ein Drittel des vom Gericht festgestellten Streitwertes von 2,6 Millionen Euro übernehmen.

Der Streit geht um sogenannte „Spread-Ladder-Swaps“, die das Geldinstitut Kunden verkauft hat. Bei den Derivaten geht es im Grunde um eine Wette: Man spekuliert über den Abstand zwischen kurz- und langfristigen Zinsen. Erhöht sich der, profitiert der Käufer. Verringert sich die Differenz – wie in den vergangenen Jahren – drohen dem Kunden Verluste. Die WVV hatte nach vorherigen Gewinnen mit solchen Geschäften bei schlechter Entwicklung plötzlich Verluste in Höhe von über vier Millionen Euro eingefahren.

Zwei Punkte rügte das Gericht besonders. Zum einen habe es nicht ausgereicht, dem Kunden nur einen Überblick über die Entwicklung in den letzten zehn Jahren vor Vertragsabschluss zu geben. Seit 1967 sei viermal eine negative Entwicklung – wie die, der jetzt die WVV zum Opfer fiel – eingetreten. Die Bank hätte ihrem Kunden zur Risikoabschätzung den gesamten Bereich darstellen müssen und nicht nur den (ihr günstigen) kürzeren Zeitabschnitt. „Das sehen wir als Pflichtverletzung an,“ sagte Twardzik.

Zum anderen hätte die Bank die grundsätzliche Frage mit ihrem Kunden intensiver diskutieren müssen, ob derartige Spekulationsgeschäfte Kommunen und deren Tochtergesellschaften überhaupt erlaubt sind.

Das Gericht sah aber ausdrücklich auch ein erhebliches Eigenverschulden der WVV an den eingetretenen Verlusten und keinen Verstoß gegen einen separat abgeschlossenen Beratervertrag.

„Wir werden Berufung gegen das Urteil einlegen“, erklärte Bankanwalt Christian Duve. Von einer Bank dürfe man nicht erwarten, „dass sie einer Kommune erläutert, wofür sie rechtlich verantwortlich ist.“ WVV-Anwalt Jochen Weck wertete die Entscheidung dagegen als Teilerfolg. „Das Urteil ist Wasser auf die Mühlen der betroffenen Kommunen,“ sagte Weck, der weitere potenzielle Kläger vertritt, die eine Klage erwägen.

 
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