Die Deutsche Bank beendet den Dauerstreit um die Pleite des Kirch-Medienkonzerns mit einer dreistelligen Millionenzahlung. 775 Millionen Euro zuzüglich Zinsen und anderer Kosten – dem Vernehmen nach insgesamt gut 900 Millionen Euro – kostet das Frankfurter Geldhaus der Vergleich, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) München besiegelt wurde.
„Mit der heutigen Vereinbarung legen wir einen altbekannten und langjährigen Rechtsstreit bei“, ließ das Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen am Donnerstag mitteilen. Damit seien alle Auseinandersetzungen mit dem Kirch-Lager beendet. Die Einigung sei „im besten Interesse“ der Aktionäre. „Wir wollen im Laufe des Jahres 2014 weitere Fortschritte in diese Richtung erzielen.“ Auf den Aktienkurs der Deutschen Bank hatte das eher geringen Einfluss: Gegen Mittag verlor die Aktie etwa 1,4 Prozent, nur wenig mehr als der deutsche Aktienindex Dax nachgab. Mit dem Vergleich zieht die Bank einen Schlussstrich unter den seit fast zwölf Jahren andauernden Streit um eine Mitverantwortung für die Pleite des Kirch-Medienkonzerns 2002. Der 2011 gestorbene Medienunternehmer Leo Kirch hatte die Deutsche Bank und ihren damaligen Chef Rolf Breuer zeitlebens für den Zusammenbruch seines weit verzweigten Medienimperiums (ProSieben, SAT.1, N24) verantwortlich gemacht. Breuer hatte in einem Fernsehinterview Anfang Februar 2002 die Kreditwürdigkeit Kirchs in Zweifel gezogen – wenige Wochen vor der Kirch-Insolvenz.
Kirch trat eine Prozesslawine gegen Breuer und die Bank los, seine Erben setzten die Fehde fort. Kurz vor Weihnachten 2012 errang die Kirch-Seite vor dem OLG München einen bedeutenden Sieg: Die Richter verurteilten die Bank zu Schadenersatz und warfen etlichen ehemaligen und amtierenden Vorständen zahlreiche Verfehlungen vor. Die Höhe des Schadenersatzes sollten Gutachter bestimmen. Gefordert hatte die Kirch-Seite in diesem Prozess rund zwei Milliarden Euro. Nach der Einigung zwischen Deutscher Bank und den Kirch-Erben können auch die Gläubiger des früheren Medienkonzerns auf weiteres Geld hoffen. Nach Angaben des Insolvenzverwalters der Kirch Media, Michael Jaffé, aus dem Oktober sind noch Forderungen von rund 4,6 Milliarden Euro offen. Zuletzt hatten die Gläubiger Ende Oktober gut 92 Millionen Euro erhalten. Das Geld stammt unter anderem aus dem Verkauf von Filmrechten aus der umfangreichen Kirch-Sammlung.
Insgesamt flossen in dem Insolvenzverfahren bisher 876 Millionen Euro an die Gläubiger. Ende Oktober lag die sogenannte Befriedigungsquote damit bei 19 Prozent. Die Einigung zwischen den Kirch-Erben und Deutscher Bank auf Zahlung von 750 Millionen Euro plus Zinsen wollte ein Jaffé-Sprecher am Donnerstag nicht kommentieren und machte auch keine Angaben zur möglichen Höhe oder dem Zeitpunkt von Zahlungen. Finanziell war die Bank auf die Einigung vorbereitet. Nicht nur für den Kirch-Streit, auch für andere Rechtsstreitigkeiten legte Deutschlands größte Bank zuletzt Milliarden zur Seite. Dennoch bedeutet der Vergleich mit den Kirch-Erben für die Bank eine zusätzliche Ergebnisbelastung von rund 350 Millionen Euro nach Steuern, die sie im Ergebnis für 2013 verbucht. Somit sinkt das Ende Januar gemeldete vorläufige Nettoergebnis von knapp 1,1 Milliarden Euro auf rund 732 Millionen Euro.
Beide Seiten hatten mehrfach versucht, den Streit aus der Welt zu schaffen. Anfang 2012 war ein Anlauf des damaligen Vorstandschefs Josef Ackermann zu einem Vergleich geplatzt. Die Erben von Medienunternehmer Leo Kirch haben sich zufrieden über den Vergleich mit der Deutschen Bank geäußert. „Wir begrüßen die Einigung, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass Leo Kirch dies noch erlebt hätte“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. „Der angerichtete Schaden wird allerdings nur in Teilen wiedergutgemacht.“ Der in Würzburg geborene Kirch starb im Sommer 2011 wenige Wochen nach seiner viel beachteten Aussage in dem Zivilprozess vor dem Oberlandesgericht München, an dessen Ende die Bank verurteilt wurde.
Ende mit Ansage: Das umstrittene Interview
Ein Fernsehinterview bei Bloomberg TV war Auslöser des jahrelangen Rechtsstreits zwischen dem 2011 verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch und der Deutschen Bank. Gegeben hatte es der damalige Vorstandssprecher, Rolf Breuer.
Frage: Kirch hat sehr, sehr viele Schulden, sehr hohe Schulden. Wie exponiert ist die Deutsche Bank?
Breuer: Relativ komfortabel, würde ich mal sagen, denn – das ist bekannt und da begehe ich keine Indiskretion, wenn ich das erzähle – der Kredit, den wir haben, ist zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich und voll gesichert durch ein Pfandrecht auf Kirchs Aktien am Springer-Verlag. Uns kann also eigentlich nichts passieren, wir fühlen uns gut abgesichert. Es ist nie schön, wenn ein Schuldner in Schwierigkeiten kommt, und ich hoffe, das ist nicht der Fall. Aber wenn das so käme, wir bräuchten keine Sorgen zu haben. Frage: Die Frage ist ja, ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen.
Breuer: Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine, wie Sie gesagt haben, Stützung interessieren. Text/FOTO: dpa