Jeff Bezos kam eigens nach Deutschland. Zeitgleich zur Buchmesse in Frankfurt stellte der Amazon-Chef in München ein neues Modell des E-Book-Lesegeräts Kindle und eine digitale Leihbücherei vor. Der Gründer des weltgrößten Online-Händlers sprach über den Wettbewerb im Tablet-Markt, die Buchpreisbindung und sein Mitleid mit Buchhändlern.
Jeff Bezos: Wir sehen bisher, dass die Menschen, die sich ein Kindle-Lesegerät anschaffen, danach nicht nur mehr digitale Bücher kaufen, sondern auch mehr gedruckte. Sie lesen einfach mehr. Im Moment ist es kein entweder/oder. Ich weiß nicht, wie sich das weiterentwickeln wird. Bei Musik ging der Umschwung zu Downloads sehr schnell, das scheint bei Büchern derzeit anders zu sein, auch wenn E-Books ein wichtiger Teil des Geschäfts sind. Inzwischen verkaufen wir auch in Deutschland mehr digitale als Hardcover-Bücher.
Bezos: Für uns ist es ein Service und kein rein technisches Gerät. Wir machen eine tolle Hardware mit einem schnellen Prozessor, es ist das erste Tablet mit gutem Stereo-Sound, das Display spiegelt kaum. Aber der wichtigste Punkt ist, dass wir nicht versuchen, Geld mit dem Gerät selbst zu verdienen, sondern es praktisch zum Produktionspreis abgeben. Wir hoffen, das Geld mit der Zeit hereinzubekommen, wenn Kunden Bücher, Musik oder Apps kaufen.
Bezos: Das war vor ungefähr zwei Jahren. Unsere E-Book-Reader verkauften sich sehr gut und wir wollten den Kunden zusätzlich ein Gerät mit mehr Funktionen anbieten. Mit der schwerste Teil des Geschäfts ist, ein Ökosystem aufzubauen – das hatten wir da schon. Der Hauptgrund, warum Dutzende Android-Tablets am Markt gescheitert sind, war, dass dahinter kein Ökosystem stand. Man kann zum Beispiel einfach kein Tablet ohne einen Musik-Shop anbieten. Dank dem Kindle hatten wir zudem acht Jahre Erfahrung, wie man ein Gerät baut.
Bezos: Netter Versuch – aber wir sprechen nicht über Pläne für zukünftige Produkte.
Bezos: Nein. Es gibt viele Punkte, an denen wir uns beim Kunden hervorheben können. Es ist nicht nur der Preis, sondern auch das Angebot, schneller Versand, Service. Bei uns im Unternehmen gilt das Buchgeschäft in Deutschland sogar als Beispiel dafür, wie wichtig diese anderen Komponenten sein können.
Bezos: Erstens: Sie werden sich weiterentwickeln, sie werden nicht aufgeben. Wettbewerb löst immer eine Evolution aus. Zweitens ist es einfach unser Job, den Kunden das beste Angebot und den besten Service zu bieten. Die Kunden entscheiden, wo sie kaufen, nicht wir.
Der Boom der E-Books
Der deutsche Buchmarkt wird 2012 einen Umsatz von 9,6 Milliarden Euro erreichen und damit stabil bleiben, so die Beratungsgesellschaft PwC. Für positive Impulse sorgt vor allem der Bereich der Belletristik, der voraussichtlich um 4,3 Prozent auf 5,03 Milliarden Euro zulegt. Besonders starken Anteil daran hat der wachsende Absatz von E-Books: Er steigt 2012 um mehr als 260 Prozent auf 175 Millionen Euro.
Die Konsumenten sind bei E-Books besonders preissensibel: 60 Prozent entscheiden sich nur dann für ein E-Book, wenn es deutlich günstiger ist als die gedruckte Ausgabe. Diesen Erwartungen entsprechend kosten elektronische Bücher derzeit im Durchschnitt 20 Prozent weniger als die gedruckte Ausgabe.
Dabei fällt bei E-Books in Deutschland der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent an, während bei gedruckten Exemplaren der reduzierte Steuersatz von sieben Prozent angewendet wird. Die Möglichkeiten, den Mehrwertsteuersatz für gedruckte und elektronische Bücher anzugleichen, werden derzeit von der EU-Kommission geprüft. Text: md