(dpa/afp) Chinas Zentralbank hat zur Unterstützung der Konjunktur und im Kampf gegen die Talfahrt an den Börsen die wichtigsten Leitzinsen gesenkt. Die Zinsen für Einlagen und Kredite wurden jeweils um 0,25 Prozentpunkte gesenkt, wie die Institution am Dienstag auf ihrer Website mitteilte. Der Zins für Einlagen bei der Zentralbank beträgt nun 1,75 Prozent, der für Kredite 4,60 Prozent. Gleichzeitig senkte die Notenbank den Mindestreservesatz – das Kapital, das Geschäftsbanken bei der Zentralbank hinterlegen müssen. Damit sollen sie mehr Geld für die Kreditvergabe zur Verfügung haben.
Die Maßnahmen sollen ab Mittwoch gelten. Chinas Wachstumsrate „bleibt unter Druck“, erklärte die Notenbank. Die jüngsten Maßnahmen sollten die Realwirtschaft dabei „unterstützen, sich weiter gut zu entwickeln“. Die Leitzinsen wurden bereits zum fünften Mal seit November gesenkt, da die Behörden in Peking eine zu starke Verlangsamung des Wirtschaftswachstums vermeiden wollen.
In China rauschten die Kurse am Dienstag erneut in die Tiefe und zogen auch die Börsen in Tokio weiter nach unten. Der Composite Index in Shanghai sackte am Dienstag um 7,63 Prozent auf 2965 Punkte ab – und schloss damit unter der Marke von 3000 Punkten. Auch der Component Index in Shenzhen gab erneut deutlich nach und beendete den Handel mit einem Minus von 7,04 Prozent bei 10 198 Punkten. Am Vortag waren die Kurse bei ihrem größten Einbruch seit acht Jahren um über acht Prozent gefallen.
Analysten begründeten die erneut heftigen Kurseinbrüche in China vor allem damit, dass die Regierung ihre Stützungskäufe auf Eis gelegt habe. Seit dem Beginn des Börsenkrachs Mitte Juni hatten die Behörden zunächst versucht, die Märkte mit milliardenschweren Interventionen zu stabilisieren. Sowohl am Montag als auch am Dienstag seien neue Hilfen jedoch ausgeblieben. „Die Regierung wird jetzt wohl abwarten, bis der Boden erreicht ist“, sagte der unabhängige Analyst Ye Tan.
Ungeachtet der rasanten Talfahrt an Chinas Börsen hat sich die Lage auf dem deutschen Aktienmarkt am Dienstag beruhigt. So stieg der Dax wieder über die psychologisch wichtige Marke von 10 000 Punkten. Auch an vielen anderen Märkten in Europa und Asien wurde ein Teil der Verluste vom Montag wieder wettgemacht. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 2,5 Prozent nach oben. Der Dax war am Montag erstmals seit Januar unter die Marke von 10 000 Punkten gefallen. Seit Mitte August hatte der deutsche Leitindex zeitweise mit knapp 20 Prozent im Minus gelegen.
Jahrelang profitierten große Wirtschaftsmächte vom rasanten Wachstum in China. Nun geht die Sorge um, dass diese Zeit vorerst vorbei sein könnte. Die Bundesbank mahnte zur Gelassenheit. In China normalisiere sich das Wachstum derzeit, so Vorstandsmitglied Joachim Nagel.