zurück
PEKING
China greift zum Finanzdoping
reda
 |  aktualisiert: 12.08.2015 18:31 Uhr

Aus China häufen sich die Hiobsbotschaften: Die Wirtschaft schwächelt, die Exporte brechen ein, und die Zuversicht der Unternehmer sinkt. Die chinesische Notenbank hat sich zu einem drastischen Schritt entschieden und den Yuan stark abgewertet – schon den zweiten Tag in Folge. Nicht nur für die Chinesen hat das Konsequenzen. Experten warnen vor einem neuen Währungskrieg.

Was genau hat Chinas Zentralbank gemacht?

Der Handel mit dem Yuan läuft nicht so frei wie bei anderen Währungen. Zu Beginn jedes Handelstages setzt die Zentralbank in Peking einen Referenzkurs fest, von dem die Landeswährung im Handelsverlauf nicht mehr als zwei Prozent nach oben und unten abweichen darf. Auf diese Weise koppelt das Land den Yuan an einen Korb von anderen internationalen Währungen, wobei der US-Dollar die mit Abstand wichtigste Rolle spielt. Lange hatte Peking darauf geachtet, dass sich der Kurs etwa im Gleichtakt mit der US-Währung bewegt. Davon rückte die Zentralbank am Dienstag ab, indem sie den Referenzkurs 1,9 Prozent tiefer setzte als am Vortag. Am Mittwoch wertete sie erneut um 1,6 Prozent ab. Zudem kündigten die Geldwächter an, dass sich der Referenzkurs künftig am Schlusskurs des jeweiligen Vortages orientieren soll – die Bank lässt also mehr Marktmacht zu.

Warum wertet die Bank den Yuan ab?

Wegen der faktischen Koppelung an den zuletzt sehr starken US-Dollar war auch der Yuan im Vergleich zu anderen Währungen kräftig gestiegen. Für Chinas Exporteure, die ohnehin mit sinkender Nachfrage aus dem Ausland kämpfen, ist die starke Währung ein zusätzliches Problem. Die Abwertung führe nun dazu, „Druck von der Exportindustrie zu nehmen“, sagt Liu Yuanchun, Wirtschaftsprofessor an der Pekinger Renmin University. Aber noch aus einem anderen Grund ändert die Zentralbank ihre Politik. Der Yuan soll neben dem Dollar, dem Euro, dem britischen Pfund und dem Yen zu einer Reservewährung des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufsteigen. Der IWF hatte eine Entscheidung zuletzt verschoben. Mit dem Versprechen, mehr Markt zuzulassen, könnte Peking nun wieder Pluspunkte sammeln.

Was bedeutet die Abwertung für das Ausland?

Ausländische Waren innerhalb Chinas werden teurer. Das wirkt sich negativ auf Länder mit hohen Exporten ins Reich der Mitte aus, zu denen auch Deutschland gehört. Betroffen sind etwa Autobauer wie Daimler, BMW oder Volkswagen. Deren Aktienkurse geraten nun unter Druck. „Bei den Handelspartnern dürfte die Yuan-Abwertung auf wenig Gegenliebe stoßen“, so Frederik Kunze, Analyst bei der Nord/LB. Wie sensibel das Thema ist, zeigt die heftige Reaktion von US-Milliardär Donald Trump. „Sie zerstören uns einfach“, schimpfte der US-Präsidentschaftskandidat. Inzwischen warnen einige Experten bereits vor einem neuen Aufflammen eines Währungskriegs, also vor einer gezielten Abwertung heimischer Währungen durch Zentralbanken verschiedener Länder, um die eigene Exportwirtschaft zu stützen.

Wie ist die konjunkturelle Lage in China?

Das einstige Boom-Land befindet sich in einer kritischen Phase. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wächst so langsam wie seit 1990 nicht mehr. Zwar sehen offizielle Wachstumszahlen für dieses Jahr von sieben Prozent – nach 7,4 Prozent 2014 – auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. Aber von China wurde erstens mehr erwartet, und zweitens sehen Skeptiker das Wachstum nur bei fünf bis sechs Prozent. Zudem reiht sich seit Anfang Juli eine Hiobsbotschaft an die nächste. Erst brachen die chinesischen Aktienmärkte ein, dann die Exporte. „Chinas Wirtschaft sieht sich einem starken Abwärtsdruck ausgesetzt“, meint der China-Experte Yao Wei von der Bank Société Générale.

Was bedeutet die Abwertung für chinesische Verbraucher?

Im Alltag wird sich ein schwächerer Yuan kaum bemerkbar machen. Anders sieht es bei der Urlaubsplanung aus. Reisen in andere Länder werden für Chinesen teurer, weil ihr Geld dort weniger wert ist. Im Gegenzug wird es für Touristen in China günstiger. „Die Auswirkungen hängen davon ab, wie weit die Währung noch fallen wird“, betont der chinesische Wirtschaftsprofessor Zheng Chaoyu.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Chinesische Volksbank
Daimler AG
Donald Trump
Hiobsbotschaften
Internationaler Währungsfonds
Société Générale
Volkswagen AG
Yuan
Zentralbanken
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen