Die Uhr tickt: Von den 55 500 Betrieben in Unterfranken sind 52 000 als Familienunternehmen aufgestellt, von denen jedes dritte in den kommenden zehn Jahren die Nachfolge auf dem Chefsessel regeln muss.
Ein Unternehmensnachfolgekongress der Industrie- und Handelskammern (IHK) Würzburg-Schweinfurt und Aschaffenburg zeigte jetzt, was bei diesem brisanten Thema zu beachten ist – und dass Übernehmer sowie vor allem die Übergeber in Jahren und nicht in Monaten denken sollten.
Den Nerv getroffen
Das Thema trifft offenbar den Nerv vieler: Mit über 100 Besuchern in den Räumen der IHK in Schweinfurt waren trotz zusätzlicher Bestuhlung nur noch wenige Fensterbankplätze frei, als Professor Frank Wallau von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach neue Forschungsergebnisse präsentierte.
Jeder zehnte Betrieb wird schließen
Mitverursacht durch den demografischen Wandel wird neben der Suche nach Fachkräften auch die Nachfolge in der Betriebsführung schwieriger, besagt die vom bayerischen Wirtschaftsministerium beauftragte Studie der Fachhochschule. 2030 werde es wegen Nachfolgeprobleme jedes zehnte Unternehmen nicht mehr geben, hieß es auf dem Treffen. Die IHK in Würzburg wiederum erwartet für Mainfranken bis 2035 einen Rückgang der Firmeninhaber um rund neun Prozent.
Da aktuell ein Fünftel der Chefs 60 Jahre und älter ist, gelten in Unterfranken 12 000 der 50 000 Betriebe mit höchstens zehn Mitarbeitern als „übergabereif“, so Wallau. Allein bis 2021 gehe es um 2800 wirtschaftlich besonders attraktive Firmen.
Loslassen, den Nachfolger machen lassen
Die sich anschließende Podiumsdiskussion mit ehemaligen und neuen Firmeninhabern sowie mit Unternehmensberatern steckte Eckpunkte für die Nachfolge ab. Der Übergeber müsse loslassen, sich neue Betätigungen suchen, hieß es. Auch müsse er einen für beide Seiten fairen Preis für seinen Betrieb finden, nur noch dosiert investieren und sich damit abfinden, dass fast jeder zweite Nachfolger gleich mal neue Produkte einführt.
Empfohlen wurde Übergebern wie Übernehmern, sich bei der IHK, der Handwerkskammer, Steuerberatern und Unternehmensberatern, aber auch bei Banken und Rechtsanwälten rechtzeitig zu informieren. Zeit müsse vor allem der Altinhaber aufbringen: „Fangen Sie früh an, sich mit der Übergabe des Unternehmens zu beschäftigen“, empfahl Holger Fries von der Walter Fries Corporate Finance GmbH aus Aschaffenburg. Es seien alleine zwei bis drei Jahre Vorbereitung hilfreich, um maßvoll erforderliche Investitionen zu tätigen.
An Patente und Lizenzen denken
Ob man eine Führungskraft ist oder sein will, ob man das Knowhow (auch für die Digitalisierung und Industrie 4.0) hat – Fragen, die der Übernehmer beantworten sollte, ehe er Details wie die Finanzen, die eingeräumte Altersabsicherung für den Vorbesitzer und Fördermöglichkeiten klärt. Auch sollte der Übernehmer Mitarbeiter- und Kundenverträge des Unternehmens, Patente, Lizenzen und Zulassungen unter die Lupe nehmen.
Tipp: Familie einbeziehen
Jeder am Wechsel Beteiligte müsse sich in den anderen hineindenken und mit der gefundenen Lösung zufrieden geben, hieß es bei dem Treffen in Schweinfurt. Ängste und Sorgen anzusprechen, wurde als elementar wichtige Empfehlung ausgesprochen – wie auch das Einbeziehen der Familien in die Entscheidungen sowie frühzeitige Informationen für Führungskräfte und Mitarbeiter des Betriebs. Mitarbeit: aug
Die IHK in Würzburg hat im Internet ein Bündel an Infos rund um die Betriebsnachfolge zusammengestellt unter anderem mit Merkblättern und Seminaren: www.wuerzburg.ihk.de/nachfolge
Die Handwerkskammer für Unterfranken hat ein ähnliches Angebot: www.hwk-ufr.de („Existenzgründung“)