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FRANKFURT
Champagnerstimmung an der Börse
Historisch: Beflügelt von der lockeren Geldpolitik der EZB hat der Dax erstmals die Marke von 10 000 Punkten geknackt.
Foto: Boris Roessler, dpa | Historisch: Beflügelt von der lockeren Geldpolitik der EZB hat der Dax erstmals die Marke von 10 000 Punkten geknackt.
reda
 |  aktualisiert: 05.06.2014 17:31 Uhr

Die Europäische Zentralbank hat den letzten Schubs gegeben: Der deutsche Leitindex Dax ist am Donnerstag nach der erneuten Zinssenkung und weiteren Anti-Deflationsmaßnahmen erstmals in seiner Geschichte über 10 000 Punkte geklettert. Seit Monaten hatte der Index immer wieder mal an der Marke gekratzt. Doch bisher ging den Anlegern auf der Zielgeraden stets die Luft aus. Die Ukraine-Krise, die Turbulenzen in den Schwellenländern und der starke Euro trübten die Laune, im März fiel der Dax sogar unter 9000 Punkte. Jetzt ist die Rekordstimmung zurück. Doch bleibt sie auch?

PRO

Das billige Geld

Das wichtigste Schmieröl für die Börsen ist seit Jahren das extrem billige Geld der Notenbanken. Als Mittel gegen eine mögliche Deflation hat die EZB ihre Schleusen noch ein Stück weiter geöffnet. Der Leitzins wurde von 0,25 auf 0,15 Prozent gesenkt und erstmals müssen die Geschäftsbanken einen Negativzins zahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank parken, statt es als Kredit an die Wirtschaft weiterzureichen. Die Geldflut der Notenbanken dürfte bis auf weiteres der wichtigste Treiber bleiben.

Anlagenotstand

Die Schattenseite der Geldpolitik sind die Mini-Zinsen, die Sparer auf dem Sparbuch, dem Tagesgeldkonto oder mit Staatsanleihen erhalten. Auch wenn die Inflation derzeit sehr niedrig ist: Real verbrennen Sparer mit diesen „sicheren“ Anlagen Geld. Experten sprechen von einem „Anlagenotstand“: Wer um Aktien einen Bogen macht hat es im Moment schwer, Geld gewinnbringend anzulegen.

Konjunkturperspektiven

Die deutsche Wirtschaft steuert auf ein starkes Jahr zu, die Konjunkturprognosen sind rosig wie lange nicht. Die staatseigene Förderbank KfW etwa erwartet, dass sich das deutsche Realwachstum 2014 auf rund 2,0 Prozent erhöhen wird: „Das wäre der erste nennenswerte BIP-Zuwachs seit drei Jahren.“ Auch in den USA und in den Euroländern dürfte die Wirtschaft trotz des schwachen Jahresstarts 2014 wieder wachsen. Die EZB erwartet bisher für die Eurozone ein BIP-Plus von 1,2 Prozent. Die gute Konjunktur hebt die Stimmung der Anleger und könnte so die Börsen beflügeln.

CONTRA

Die Luft wird dünner

Der Dax ist seit Anfang 2009 im Höhenflug. Doch Bullenmärkte währen nicht ewig, wie die Online-Bank Comdirect betont: „Nach mehr als fünf Jahren Hausse nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Rückschlags zu.“ Auch Analysten der DZ Bank warnen, dass die Luft zunehmend dünner wird – vor allem, weil es für die massiven Kursanstiege der Vorjahre kein angemessenes Fundament gebe: „Für Neuengagements sollten daher Rücksetzer abgewartet werden.“

US-Notenbank

Zwar hat die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, bekräftigt, dass der Leitzins in den USA noch längere Zeit auf dem historischen Tief nahe null verharren wird. Doch mit der Drosselung ihrer Anleihenkäufe tritt die Notenbank bereits behutsam auf die Bremse. „Die amerikanischen Langfristzinsen liegen schon jetzt höher als in Euroland. Der Zustrom frischen Kapitals amerikanischer Investoren in den Dax könnte nachlassen“, erklärt die Comdirect.

Enttäuschende Unternehmen

Aus Sicht von Helaba-Analyst Markus Reinwand trüben sich die Perspektiven für die Unternehmensgewinne ein: „Schließlich zeigen die niedrigen Inflationsraten in der Eurozone, dass die Unternehmen kaum Preiserhöhungsspielräume besitzen.“ Schon bisher hätten die Gewinne der Dax-Unternehmen im Vorjahresvergleich stagniert, und die Aussichten seien nicht vielversprechend: „Bei den durchschnittlichen Schätzungen für die kommenden zwölf Monate überwiegen weiter die negativen Revisionen.“ Die Helaba erwartet, dass der Dax bis Jahresende wieder unter 9000 Punkte rutscht – allerdings könne die Liquiditätsschwemme der Notenbanken zeitweilig zu Kursübertreibungen führen. Hingegen prognostiziert die DZ Bank, dass sich die gute deutsche Konjunktur positiv auf Unternehmensumsätze und Unternehmensgewinne auswirkt: „Die Stimmung an den Börsen dürfte positiv bleiben.“

Russland-Ukraine-Krise

Bislang lassen die Spannungen die Börsen kalt, aber die Lage bleibt unsicher. „Die Ukraine-Krise, die in ihrer Auswirkung auf die Kapitalmärkte nicht abschätzbar ist, bleibt ein großer Risikofaktor“, sagt daher Manfred Schlumberger von BHF Trust. Denn eine Eskalation und harte wirtschaftliche Sanktionen könnten die Konjunktur dämpfen – und die Aktienmärkte belasten.

 
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