
„Respekt“, so steht es auf der ersten Seite des Geschäftsberichts der Fürstlich Castell'schen Bank, stammt aus dem Lateinischen (respicere) und bedeutet: beachten, zurückschauen. Mit diesem Hinweis umriss denn auch Ferdinand Erbgraf zu Castell-Castell am Freitag auf Schloss Castell vor Pressevertretern das Selbstverständnis der ältesten Privatbank Bayerns. Man müsse „Respekt vor der Tatsache haben, dass Aufwärtsbewegungen stets auch Abwärtsbewegungen folgen müssen“. Gerade anspruchsvolle Kunden schätzten daher die Werte der Bank, so zu Castell-Castell. Sein Ausblick: „Die Finanzkrise scheint hinter uns, aber die Europakrise begleitet uns. Und wir glauben, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen.“
Thilo Wendenburg, Sprecher des Vorstandes der Castell-Bank, sprach von einem „schwierigen Geschäftsjahr 2011“. Anlageklassen, die bislang als sicher galten, seien zu risikobehafteten Papieren geworden. „Sichere Zinsen gibt es seitdem nicht mehr.“ Konsequenz: Es gelte „höchste Vorsicht bei der Auswahl von Anlagen“. Dennoch habe man im vergangenen Jahr mit einem Betriebsgewinn von 2,1 Millionen Euro ein „gutes Ergebnis“ erzielt.
Zahlreiche Gesetzesänderungen stellten die Finanzbranche vor große Herausforderungen, so Wendenburg. Stichwort: Basel III. Grundsätzlich unterstütze man die von der Politik geforderte Verschärfung der Finanzmarktregeln, fordere aber dringend eine differenzierte Betrachtung. „Obwohl wir kein risikoreiches Investmentbanking betreiben, werden wir genauso behandelt wie eine internationale Großbank.“ Sein Haus stehe zum Geschäftsmodell der regional tätigen Privatbank. „Die Kunden vertrauen unserer konservativen, langfristigen Ausrichtung.“
Wendenburgs Vorstandskollege Klaus Vikuk sprach von „irren und wirren Zeiten“. In der Branche herrsche ein „sehr scharfer Zinswettbewerb“. Darin sehe er ein neues Risiko für besonders aggressive Wettbewerber. Sein Haus mache da nicht mit: „Wir wollen mit unseren Kunden dauerhaft Geschäfte machen.“
Positiv hingegen bewertete Vikuk die starke Nachfrage nach Firmenkrediten, vor allem im zweiten Halbjahr 2011. Viele „mittelständische Unternehmen aus der Region“ hätten offenbar einen Investitionsstau aus den Krisenjahren aufgelöst.
Auch Vikuk sprach von dramatischen Veränderungen in der Finanzbranche. So werde die Refinanzierung der Banken ein heißes Thema. Denn auch Geldhäuser müssten nun bei der Kreditaufnahme Sicherheiten stellen. Folge: „Die Banken werden künftig sehr genau hinsehen.“
Die Castell-Bank gehört den beiden Familien Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen zu je 50 Prozent. Die Bank beschäftigt gut 300 Mitarbeiter und betreibt 17 Filialen, die meisten davon in Mainfranken.