„ Im Idealfall ist Geldpolitik langweilig und berechnend, um das Ziel Preisstabilität erreichen zu können“, brachte es Jens Ulbrich auf den Punkt. Der Leiter des Zentralbereichs Volkswirtschaft der Deutschen Bundesbank war am Donnerstagabend zum ersten Würzburger Bankenabend der Bundesbank gekommen, um über die „Herausforderungen für die europäische Geldpolitik“ zu sprechen.
Er wollte einen Einblick in die Strategien der Bundesbank geben; in der Geldpolitik sei auch für sie dabei der Euro-Raum Maßstab und nicht Deutschland.
Der Volkswirtschaftler erläuterte die Anpassungsprozesse beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt oder bei der privaten Verschuldung innerhalb der verschiedenen Länder der europäischen Währungsunion und die Inflationsrate im internationalen Vergleich und kam zu dem Schluss: „Wir erwarten einen moderaten, graduellen aber fragilen gesamtwirtschaftlichen Aufschwung.“ Die Inflationsrate hingegen bleibe unter dem vorgegebenen Ziel von nahe zwei Prozent, so Ulbrich.
Einen besseren Tag hätte es wohl kaum geben können, um den Fortschritt in der europäischen Geldpolitik und letztendlich auch bei der Finanzkrise in den Blick zu nehmen. Denn nur wenige Stunden zuvor hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Entscheidung bekannt gegeben, den Leitzins auf 0,15 Prozent und den Einlagezins auf minus 0,1 zu senken.
Ulbrich hält die aktuellen zinspolitischen Entscheidungen des EZB-Rates, dem auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann angehört, vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Inflationsraten und der zu erwartenden Preisentwicklung für angemessen. „Es ist eine zinspolitische Maßnahme, die den Handlungsspielraum weitgehend ausschöpft. Sie ist aber angemessen vor dem Hintergrund unseres Mandats der Sicherung der Preisstabilität.“ Ulbrich ergänzte, dass die Geldpolitik damit ihre Möglichkeiten zwar nicht ausgeschöpft habe. Er betonte jedoch, dass es wenig Sinn habe, am Tag einer solchen Entscheidung, mit der durchaus signifikante Beschlüsse verbunden seien, gleich schon die nächsten Maßnahmen in den Blick zu nehmen. „Ich bin überzeugt, dass vor dem Hintergrund der makroökonomischen Szenarien und auch einiger Risiken, was die Inflationsentwicklung angeht, die heutigen Beschlüsse durchaus helfen sollten, die Risiken zu verringen.“
Ulbrich warnte davor, die Entscheidung zu einem negativen Einlagezins überzubewerten. Die Kommunikation von Teilen des deutschen Bankgewerbes halte er daher auch für unangemessen, sagte er.
Wachsamkeit sei wichtig, aber Panikmache, das wird an diesem Abend deutlich, ist nicht seine Art. Seiner Ansicht nach sei die Wiederherstellung des Vertrauens der wesentliche Eingriff, der helfe die wirtschaftliche Situation in der Währungsunion zu entspannen. Allein von der Geldpolitik könne diese Erholung nicht kommen. Hier seien die Mitgliedstaaten gefordert, ihre Hausaufgaben zu machen.
Und für die Sparer hat Ulbrich eine gute Nachricht mit nach Würzburg gebracht: Er glaubt nicht, das die Zinssätze für die Einlagen nach den aktuellen Beschlüssen der EZB auf breiter Front sinken werden in Deutschland.
Jens Ulbrich
Seit 2005 arbeitet Jens Ulbrich bei der deutschen Bundesbank- Vier Jahre später, im Jahr 2009, wurde er Leiter des Zentralbereichs Volkswirtschaft. Zuvor arbeitete er als Volkswirt in der Wirtschaftsabteilung der Dresdener Bank. Der am 11. November 1968 geborene Ulbrich wurde, sammelte auch berufliche Erfahrungen auf der anderen Seite der Geldpolitik. So war er beispielsweise Mitarbeiter im Bundeskanzleramt und Generalsekretär beim Deutschen Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Wiesbaden. Text: sas