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Bochum zittert wieder um Opel
Hängepartie: Das Bangen bei den Opelanern geht weiter.
Foto: dpa | Hängepartie: Das Bangen bei den Opelanern geht weiter.
Redaktion
 |  aktualisiert: 21.05.2012 17:22 Uhr

B

(dpa) Mit einem spontanen Streik gegen Stellenabbau hat das Bochumer Opelwerk 2004 Arbeitsrechtsgeschichte geschrieben. Beim Protest gegen die aktuellen Sparmaßnahmen setzt der Betriebsrat auf Gespräche. Doch die Stimmung ist angespannt: „Tor auf, Tor auf“, skandieren protestierende Opelaner vor dem Bochumer Werk des Autobauers. „Wir sind die Arbeiter, keiner schiebt uns weg“, singt ein Paar mit gelber IG-Metall-Weste zu Gitarrenklängen ins Mikrofon. Bei der Betriebsversammlung am Montag trifft Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke auf die bekannt kampfbereiten Mitarbeiter der Ruhrgebietsstadt.

Stinksauer seien sie, erzählen Opelaner. Hintergrund ist, dass das Modell Astra von 2015 an nur noch im Ausland gefertigt werden soll. Die Belegschaft fürchtet, dass die Produktion anderer Fahrzeuge deswegen im Opel-Stammwerk Rüsselsheim gebündelt und das Werk in Bochum geschlossen wird. Dennoch benehmen sie sich diszipliniert: Mit Obst wird nicht geworfen – wie vorher befürchtet. Dafür schlagen Stracke Pfiffe und „Eiseskälte“ entgegen, wie Betriebsratschef Rainer Einenkel berichtet. 2004 hatte das Werk mit einem siebentägigen spontanen Streik Geschichte geschrieben. Die Firmenleitung hatte danach zwei Arbeitern fristlos gekündigt. Die Erinnerung an die harte Konfrontation spielt jetzt auf beiden Seiten mit.

Dazu gibt es einen Schuss Ruhrgebietsromantik: Herbert Grönemeyer, Sänger der legendären Stadthymne „Bochum“, meldet sich mit einer vom Betriebsrat verlesenen Solidaritätsadresse: Eine Schließung des Werks wäre „unmenschlich und zynisch“. Riesen-Beifall und Pfeifkonzert der rund 3500 Teilnehmer. Der Bochumer Betriebsrat setzt vorerst auf Argumente, zumal die Chemie mit Stracke stimmt: Der jetzige Opel-Chef hat seine Spitzenkarriere als zweiter Mann in Bochum begonnen. Bei allen starken Worten merkt man Einenkel an, dass er den Gesprächsfaden zu Stracke nicht abschneiden will. Die beste Auslastung und die beste Qualität aller Werke habe Bochum – das ist einer der Trümpfe des Betriebsrats. Wenn man Opel-Bochum dichtmache, werde die Marke den Imageverlust nicht überleben, warnt er. Gegen mögliche Kündigungen werde natürlich geklagt. Und schließlich: Der ganze Werkskomplex stehe auf ehemaligem Zechengelände. Eine Sanierung würde den US-Autoriesen General Motors (GM), zu dem Opel gehört, ein Vermögen kosten. Die öffentliche Hand springe sicher nicht ein. Stracke legt dagegen einen eher blassen Auftritt hin. Der entscheidende Satz: „Es gibt keine Entscheidung zu Bochum nach 2014.“ Bis dahin sind die deutschen Standorte von Opel vertraglich gesichert. „Oh nein, weiter diese Hängepartie“, stöhnt ein Opelaner. Die Frau eines Beschäftigten erzählt, dass das schon zehn Jahre so gehe – mit der ständigen Angst vor Werksschließung und Jobverlust.

Einige Hitzköpfe vor dem Werkstor wollen an die Streiktradition von 2004 anknüpfen. Betriebsratsmitglieder wie Helmut Bonk raten dagegen zur Gelassenheit. „Wir gehen von hier aus auch gleich wieder zur Arbeit“, betont er. Am 28. Juni soll sich jetzt das Schicksal des Werks entscheiden, wenn der Vorstand sein neues Konzept für Opel präsentiert. Zweifel daran meldet Einenkel schon jetzt an: „Wenn der Plan so ist, wie er mir bisher bekannt ist, unterschreibe ich ihn nicht.“

 
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